Roman Josi, Superstar
Der Captain ist omnipräsent. Einmal tanzt er nach vorne, einmal rettet er auf der Linie, dann donnert er wieder einen Schuss aufs Tor. Man könnte fast meinen, die Schweizer hätten mehr als einen Roman Josi. Doch es kann nur einen geben. Das muss auch reichen.
Was stimmt den Berner zuversichtlich, der offiziell zu den besten Verteidigern der Welt zählt, da er zu den Finalisten für die Norris-Trophy gehört, die am nächsten Montag an den besten NHL-Verteidiger vergeben wird? «Wie wir in der Vorrunde gespielt haben», sagt er.
Bisher hat Josi 11 Punkte (3 Tore) gebucht und liegt damit an vierter Stelle der WM-Skorerliste, die von den Amerikanern Boldy (14), Tkachuk (13) und Gaudreau (11) angeführt wird. Neben dem Mammutprogramm auf dem Eis muss sich der Nashville-Star nach dem Training auch noch als einziger Spieler den Fragen der Medienleute und diverser TV-Stationen stellen. Auch das erledigt er mit Bravour.
Allein die Präsenz des Weltklasse-Verteidigers, der 2015 beim Viertelfinal hier in Ostrava ein Traumtor gegen die USA schoss, wäre schon Grund genug zum Optimismus. Doch es gibt noch mehr Argumente …
Die Absenz von Moritz Seider
Einen Verteidiger der Klasse Josis haben die Deutschen nicht. Bei ihnen markieren einige eher rustikale Elemente, wie der bisherige Ambri-Abräumer Tobias Fohrler (in Zukunft Mannheim), Präsenz. Ihr NHL-Star-Verteidiger Moritz Seider, der den Schweizern 2021 und 2023 das Fürchten lehrte, fehlt diesmal. Sein Vertrag läuft aus und er verhandelt mit den Detroit Red Wings um ein Salär, das ihn finanziell in die Dimension von Josi (9,059 Mio. Dollar/Jahr) katapultieren soll.
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Auch Leon Draisaitl, mit 24 Punkten aus 12 Spielen der bisher beste Skorer der NHL-Playoffs, ist nicht hier, da er mit den Edmonton Oilers noch um den Stanley Cup kämpft. Ebenso Tim Stützle von Ottawa. Er leidet – wie bei der Schweiz Timo Meier – an einer Schulterverletzung. Die beiden Stürmer waren allerdings auch bei den Siegen 2021 und 2023 nicht dabei.
Das Spiel 5 gegen 5
Wenn das nicht Mut macht! In den letzten fünf Spielen hat die Nati keinen Treffer bei 5 gegen 5 mehr kassiert. Selbst gegen Kanada und Finnland nicht. Davor hatten nur Norwegen (1) und Österreich (3) die Schweizer Defensive knacken können, ohne dazu einen Mann mehr zu brauchen. Die Deutschen hingegen mussten bereits 20 Gegentreffer bei Gleichbestand hinnehmen.
WM 2023, Riga, Viertelfinal
Schweiz – Deutschland 1:3
Schweizer Tor: 21. Siegenthaler 1:1.
WM 2022, Helsinki, Gruppenspiel
Schweiz – Deutschland 4:3 n.P.
Schweizer Tore: 2. Ambühl 1:0. 22. Suter 2:2. 39. Malgin 3:2.
WM 2021, Riga, Viertelfinal
Schweiz – Deutschland 2:3 n.P.
Schweizer Tore: 16. Untersander 1:0. 34. Herzog 2:0.
Olympia 2018, Gangneung, Vor-Viertelfinal
Schweiz – Deutschland 1:2 n.V.
Schweizer Tor: 24. S. Moser 1:1.
WM 2015, Prag, Gruppenspiel
Schweiz – Deutschland 1:0
Tor: 53. D. Hollenstein 1:0.
WM 2014, Minsk, Gruppenspiel
Schweiz – Deutschland 3:2
Schweizer Tore: 13. Brunner 1:0. 33. D. Hollenstein 2:1. 37. Romy 3:1.
WM 2010, Mannheim, Viertelfinal
Schweiz – Deutschland 0:1
WM 2009, Bern, Gruppenspiel
Schweiz – Deutschland 3:2 n.V.
Schweizer Tore: 9. R. Wick 1:1. 24. Seger 2:1. 62. Streit 3:2.
Olympia 2006, Torino, Gruppenspiel
Schweiz – Deutschland 2:2
Schweizer Tore: 29. Conne 1:1. 39. DiPietro 2:1.
WM 2002, Jönköping, Gruppenspiel
Schweiz – Deutschland 0:3
WM 2023, Riga, Viertelfinal
Schweiz – Deutschland 1:3
Schweizer Tor: 21. Siegenthaler 1:1.
WM 2022, Helsinki, Gruppenspiel
Schweiz – Deutschland 4:3 n.P.
Schweizer Tore: 2. Ambühl 1:0. 22. Suter 2:2. 39. Malgin 3:2.
WM 2021, Riga, Viertelfinal
Schweiz – Deutschland 2:3 n.P.
Schweizer Tore: 16. Untersander 1:0. 34. Herzog 2:0.
Olympia 2018, Gangneung, Vor-Viertelfinal
Schweiz – Deutschland 1:2 n.V.
Schweizer Tor: 24. S. Moser 1:1.
WM 2015, Prag, Gruppenspiel
Schweiz – Deutschland 1:0
Tor: 53. D. Hollenstein 1:0.
WM 2014, Minsk, Gruppenspiel
Schweiz – Deutschland 3:2
Schweizer Tore: 13. Brunner 1:0. 33. D. Hollenstein 2:1. 37. Romy 3:1.
WM 2010, Mannheim, Viertelfinal
Schweiz – Deutschland 0:1
WM 2009, Bern, Gruppenspiel
Schweiz – Deutschland 3:2 n.V.
Schweizer Tore: 9. R. Wick 1:1. 24. Seger 2:1. 62. Streit 3:2.
Olympia 2006, Torino, Gruppenspiel
Schweiz – Deutschland 2:2
Schweizer Tore: 29. Conne 1:1. 39. DiPietro 2:1.
WM 2002, Jönköping, Gruppenspiel
Schweiz – Deutschland 0:3
Wenn die Schweizer ein strafenreiches Spiel verhindern können, sollten sie im Vorteil sein. Denn in Überzahl sind die Deutschen mit einer Erfolgsquote von 35,3 Prozent statistisch vor der Schweiz (32,3 %) die Nummer 1 des Turniers. Dazu kommt, dass nur die Österreicher (58,3 %) ein noch schlechteres Boxplay als die Nati (66,7 %) aufweisen. Entsprechend wurde am Mittwoch nach der dreistündigen Zugfahrt im Training in Ostrava mit den Special Teams gearbeitet.
Die Fortschritte
Der Trend ist der Freund der Schweizer. Die Formkurve zeigt stetig nach oben. Während in den ersten beiden Spielen gegen Norwegen und Österreich vieles noch harzte, konnte Nati-Coach Patrick Fischer die Schwachstellen bald ausmerzen. Die Spieler wissen, was sie zu tun haben und können es weitestgehend umsetzen. Gegen die robusten Tschechen und die Kanadier hielt man gut dagegen, Finnland hatte man bestens im Griff.
Die Gesundheit
Letztes Jahr waren Spieler bei der Nati rund um das letzte Gruppenspiel gegen Lettland krank. Denis Malgin musste dann auch gegen die Deutschen passen. Jetzt scheinen alle Spieler fit für den Kracher zu sein. Jonas Siegenthaler, der angeschlagen war und gegen die Finnen pausierte, trainierte in Ostrava wieder voll mit und Andrea Glauser hat die Stockattacke von Mikael Granlund (wurde für 1 Spiel gesperrt) schadlos überstanden. Rechtzeitig hatte Gaëtan Haas, der nach dem Startspiel ausgefallen war, gegen die Finnen sein Comeback geben können.
Leonardo Genoni
Bessere Goalie-Statistiken als die Schweizer (90,6 % Abwehrquote) können nur die Schweden, deren Keeper 92,9 % aller Schüsse abgewehrt haben, an diesem Turnier präsentieren. Und dabei ist der unglückliche Abend von Reto Berra gegen Österreich, als er in 40 Minuten nur 8 Schüsse parierte und 4 Tore kassierte, inbegriffen.
Diesmal hat Patrick Fischer auch eine klare Nummer 1 gewählt: Leonardo Genoni. Der Zürcher fühlt sich fit, wäre auch bereit gewesen, gegen Finnland zu spielen. «Dafür trainiere ich im Sommer», sagte er mit einem Schmunzeln. Er dürfte spüren, dass Fischer dieses Jahr seit dem ersten Tag auf ihn setzt und zahlt dies mit guten Leistungen zurück. Ein Genoni mit Selbstvertrauen ist in der Regel eine Bank.
Genug ist genug
Dreimal ist man nun unter Patrick Fischer an den Deutschen gescheitert: 2018 bei Olympia, 2021 in Helsinki und 2023 in Riga. Jetzt reicht's. Genug ist genug. Und, damit soll sich der Kreis schliessen: Bei den Pleiten gegen den Erzrivalen war Josi, mit dem man 2013 und 2018 WM-Silber holte, nicht dabei. «Das sind zwei neue Teams, jedes Jahr ist es anders», sagt der Captain.