Vergangenheit bei Skandalverband holt ihn ein
Schweizer Boxverband muss seinen Präsidenten loswerden

Der Schweizer Boxverband findet sich nach dem Austritt aus der IBA in einer Sackgasse. Es droht ein interner Kampf mit harten Bandagen.
Publiziert: 25.10.2024 um 10:36 Uhr
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Aktualisiert: 25.10.2024 um 15:24 Uhr
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Amir Orfia ist seit 2023 Präsident von Swiss Boxing.
Foto: Zvg

Auf einen Blick

  • SwissBoxing will seinen Präsidenten Amir Orfia loswerden
  • World Boxing fordert einen Führungswechsel bei SwissBoxing
  • Am 28. Oktober trifft sich der Verbandsrat zur Entscheidung
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Patrick MäderAutor Blick Sport

Der Verband SwissBoxing hat ein Problem. Er muss seinen gewählten Präsidenten Amir Orfia loswerden. Lieber heute als morgen. Die Zeit drängt. Doch Orfia denkt nicht daran, seinen Posten zu räumen. Eine harte Konfrontation scheint unumgänglich.

Die Vorgeschichte: Ende August wurde bei einer ausserordentlichen Delegiertenversammlung der Austritt aus dem umstrittenen Weltverband IBA entschieden, gleichzeitig schloss dieses Votum ein, dass man dem neu gegründeten Verband World Boxing (WB) beitreten möchte. Die Kündigung bei der IBA ist inzwischen erfolgt und der Antrag zur Mitgliedschaft bei WB wurde eingereicht, ist aber hängig.

Dem Boxsport droht das Olympia-Aus

Die IBA, angeführt von Putin-Freund Umar Kremlev ist beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) aus ethischen Gründen in Ungnade gefallen und kommt als organisierender Dachverband für das Boxen bei Olympia nicht mehr infrage. Dieses Verdikt wollte die IBA juristisch anfechten, blitzte jedoch sowohl beim Sportgericht CAS, wie danach auch beim Schweizer Bundesgericht ab.

Kurz zusammengefasst: Verbände, die bei der IBA noch Mitglieder sind, dürfen nicht mehr bei Olympia antreten und riskieren, auch die Mitgliedschaft bei den Nationalen Olympischen Komitees zu verlieren, worauf das IOC unmissverständlich drängt. Was die IBA wiederum zu einer formellen Beschwerde bei der Schweizer Wettbewerbskommission (Weko) motivierte. Das IOC verstosse damit gegen die Normen des fairen Wettbewerbs nach Schweizer Recht.

Ein Riesenpuff also. Sowieso droht dem ganzen Boxsport das Olympia-Aus, falls kein anderer Verband vom IOC zeitnah anerkannt wird und als Dachorganisation für die Spiele 2028 in Los Angeles fungieren kann. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es bei Olympia 2028 keine Box-Events. Um das zu verhindern, wurde Ende 2023 World Boxing ins Leben gerufen. Doch braucht der neue Verband genügend Mitglieder, um vom IOC anerkannt zu werden. Momentan sind das erst 42, darunter Deutschland, Italien und die USA. Die IBA hingegen versucht, ihre verbliebenen 192 Mitglieder mit viel Gazprom-Geld von einem Übertritt zu WB abzuhalten.

Heisse Post vom neuen Weltverband

Der vollzogene Austritt der Schweiz aus der IBA stellt vorerst die staatlichen Fördergelder und der Verbleib bei Swiss Olympic sicher. Doch bei der Aufnahme in den neuen Verband WB gibt es nun ein gewichtiges Problem. SwissBoxing hat heisse Post bekommen. Die WB-Verantwortlichen wollen bei der Besetzung der Führungsposten Einfluss nehmen. Bei SwissBoxing ist ihnen der Präsident nicht genehm. Amir Orfia war früher für die IBA tätig, war dort Projektleiter, hat gegenüber Blick aber versichert, sein Amt vor seiner Wahl im Sommer 2023 aufgegeben zu haben und nicht mehr im Dienste und im Sold der IBA zu stehen.

Orfia hat an der Delegiertenversammlung im August denn auch für den Austritt aus der IBA votiert und ist jetzt trotzdem das Problem bei der Zukunftsplanung. Orfia selber relativiert die Situation und möchte auch nicht spekulieren. «Wir sind in Kontakt mit World Boxing und zuversichtlich, dass unsere Zusammenarbeit konstruktiv verlaufen wird», sagt er. Doch Blick-Recherchen zeigen ein anderes Bild: WB hat das Gesuch von SwissBoxing abgelehnt. Bevor es keinen Wechsel an der Spitze gibt, wird es auch nicht mehr behandelt. Orfia aber betont die Unabhängigkeit von SwissBoxing: «Die Wahl unserer Führungskräfte ist ein demokratischer Prozess, der auf unseren Statuten beruht.»

Kommts jetzt zum internen Fight?

Dementsprechend denkt er auch nicht an Rücktritt oder vorgezogene Wahlen, die regulär erst im April 2025 anstehen. «Ich bin überzeugt, dass meine Erfahrung und mein Engagement für SwissBoxing von grossem Nutzen sind. Ich erfülle meine Aufgaben als Präsident weiterhin mit Hingabe und konzentriere mich dabei auf die Entwicklung des Boxsports in der Schweiz. Jede Entscheidung bezüglich meiner Position wird in Übereinstimmung mit den Statuten des Verbandes und in Absprache mit unseren Mitgliedern getroffen, die das oberste Organ von SwissBoxing sind und bleiben.»

Orfia glaubt nicht, dass den Schweizer Boxern die Wettbewerbsmöglichkeiten ausgehen werden, wenn sie keinem internationalen Verband angehören. Doch einen konkreten Plan hat er auch nicht. «Wir werden weiterhin alle Optionen prüfen, um unseren Athleten die besten Möglichkeiten zu bieten.» Ob diese Ausführungen und Haltung genügen, um die riesige Nervosität im Verband zu legen?

Am 28. Oktober tagen die Verbands-Oberen von SwissBoxing (11 Verbandsräte). Eine Mehrheit von ihnen will Orfia davon überzeugen, dass sein freiwilliger Rücktritt die einzige Chance ist, um den Weg für die WB-Mitgliedschaft freizumachen. Falls das nicht gelingt, will man einen Antrag stellen auf Einberufung einer weiteren ausserordentlichen Delegiertenversammlung noch in diesem Jahr, mit dem einzigen Traktandum: Abwahl des Präsidenten. Es zeichnet sich ein Fight mit harten Bandagen ab.

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