Christina Nigg hat den Schweizer Sport geprägt. Schnell, wendig, schlau und schlagstark war sie als Boxerin im Ring. Und Nehmerqualitäten hatte sie auch. Die sind von grossem Vorteil, wenn Frau sich in einer Männerdomäne durchschlagen muss.
Die 63-Jährige hat das Schwierige nie gemieden. Sie stieg in den Ring, als die Männer den Frauen mit haarsträubenden Argumenten das Boxen «zu deren Schutz» noch verbieten wollten. Die Argumente kreisten um Monatsblutungen oder erhöhtes Brustkrebsrisiko, um Herd und Familienpflichten. Mit vielen Vorurteilen war Christina Nigg konfrontiert. «Klar ging mir das auf den Wecker, aber irgendwie hat es mich auch amüsiert», sagt sie heute. «Die Männer haben sich ja selber disqualifiziert mit ihren Aussagen.»
Geboren ist Christina Nigg am 24. Februar 1961. Schon als Kind und Jugendliche hat die Berner Oberländerin Leistungssport betrieben, Skifahren, Kunstturnen, Handball in der obersten Liga. Sie entschied sich schliesslich fürs Boxen, wurde erste Schweizer Amateurboxerin, Profiboxerin, Weltmeisterin, später Managerin und Trainerin und ist seit 2020 Chefin Leistungssport bei Swiss Boxing. Die zweifache Mutter führt seit 2011 ein Box-Gym in Thun, das zum nationalen Leistungszentrum für olympisches Boxen geworden ist und wo sie auch Kinder und Jugendliche unterrichtet. Sie hat einen Sportmanagement-Abschluss der Fachhochschule Winterthur im Sack, den sie mit der Höchstnote erlangte. Auch ihr Sohn Mischa war Profiboxer mit einer Siegesbilanz von 9:1. 2015 trat er aus gesundheitlichen und beruflichen Gründen 28-jährig zurück.
Geboren ist Christina Nigg am 24. Februar 1961. Schon als Kind und Jugendliche hat die Berner Oberländerin Leistungssport betrieben, Skifahren, Kunstturnen, Handball in der obersten Liga. Sie entschied sich schliesslich fürs Boxen, wurde erste Schweizer Amateurboxerin, Profiboxerin, Weltmeisterin, später Managerin und Trainerin und ist seit 2020 Chefin Leistungssport bei Swiss Boxing. Die zweifache Mutter führt seit 2011 ein Box-Gym in Thun, das zum nationalen Leistungszentrum für olympisches Boxen geworden ist und wo sie auch Kinder und Jugendliche unterrichtet. Sie hat einen Sportmanagement-Abschluss der Fachhochschule Winterthur im Sack, den sie mit der Höchstnote erlangte. Auch ihr Sohn Mischa war Profiboxer mit einer Siegesbilanz von 9:1. 2015 trat er aus gesundheitlichen und beruflichen Gründen 28-jährig zurück.
Nigg ging ihren Weg, wurde erste Schweizer Amateurboxerin, erste Schweizer Profiboxerin, erste Schweizer Weltmeisterin, und seit knapp vier Jahren mischt sie den Boxverband als Chefin Leistungssport auf, verantwortlich für die Entwicklung der Sportart in der Schweiz, für Ausbildung, Ausrichtung, Strategie und Förderung.
Im Reich der Träume
So ist Christina Nigg noch immer die Frau, die sich gegen die Männer durchboxen muss. «Wenn ich als Cheftrainerin und Delegationsleiterin an internationale Turniere in den Osten gehe, dann sind da praktisch nur Männer, und die denken dann, ich sei die Masseurin oder die Teamärztin, weil sie sich eine Frau als Trainer nicht vorstellen können.»
Nigg steht im schmalen Eingangsbereich des Box-Klubs Thun Oberland, das auch ihr Büro ist. Das Gym ist nahe dem Bahnhof, es bietet Sicht auf die Berge. Das Herzstück ist der Trainingsraum, in dessen Mitte der Boxring steht. Dieses Viereck der Wahrheit, das so viele Geschichten erzählen könnte.
Fotos und Plakate zieren die Wände, man sieht Nigg als Weltmeisterin 1999. Oder das Plakat zum Film «Million Dollar Baby», die tragische endende Geschichte einer 31-jährigen Kellnerin, die gegen alle Widerstände Profiboxerin wurde. Es riecht nach Schweiss und Anekdoten, nach Leiden und Leben, nach Hoffnungen und Träumen. Die Spiegel an den Wänden gaukeln Grösse und Weite vor.
Das ist das Reich von Christina Nigg. Sie ist Betreiberin und Cheftrainerin des Box-Gyms. Sie hat diesen Ort aufgebaut. Das hier ist Nigg-Land. Hier schwitzen die hoffnungsvollen Schweizer Boxtalente genauso wie Kinder und Jugendliche, die nur da sind, um es mal auszuprobieren oder ihr Selbstvertrauen zu stärken oder einfach aus Freude an der Bewegung.
Boxen ist ihr Leben
Bewegung war für Nigg schon in frühester Kindheit sehr wichtig. Doch ist sie heute körperlich nicht mehr ganz so schnell und wendig wie zu besten Zeiten. Am 24. Februar ist sie 63 geworden, und seit letztem Herbst hat sie zwei künstliche Hüften. «Ich muss sehr zufrieden sein mit meiner Gesundheit. So wie ich meinen Körper stets geschunden habe, könnte es viel schlimmer sein.» Sie habe sich nie ernsthaft verletzt, sei stets verschont geblieben. Dafür ist sie dankbar.
Boxen ist immer noch ihr Leben, sieben Tage die Woche, von früh bis spät. Sie freut sich auf 2025, wenn sie in Pension gehen kann. Ein Jährchen noch. Man kann sich die Powerfrau kaum vorstellen in der Ruhezone. Doch tatsächlich taucht sie immer häufiger ab, geht während den Ferien auf Tauchsafari. «Herrlich ist das. Da gehst du viermal am Tag für eine Stunde auf Tauchgang. Da unten musst du dich kaum bewegen, die Atmung flacht ab, es herrscht eine wunderbare Ruhe, du musst an nichts denken.» Tauchen ist wie Schweben und ihr Ausgleich zur täglichen Hektik.
Doch vor der Pensionsruhe steht noch ein weiteres sportliches Highlight an. Die Olympischen Spiele in Paris. Start Ende Juli. Seit 1972 gab es keine Schweizer Boxer mehr an Olympia. Christina Nigg würde das gerne ändern. Doch die Mission Paris ist schwierig. Anfang März und Ende Mai gibts zwei weitere Quali-Chancen für Niggs Schützlinge. Weltweit gibt es je 124 Quoten-Plätze für Frauen und Männer in allen Gewichtsklassen. Das ist wenig. Eine Qualifikation wäre eine grosse Überraschung. In den Quali-Turnieren müssten Niggs Schützlinge bei über 600 Teilnehmenden mindestens unter die letzten vier kommen.
In der Schweiz nur Randsportart
«Der Weg nach Paris ist für uns steil und steinig. In der Schweiz fehlt es dem Boxsport an vielem: an Infrastruktur, Sponsoren, Medienpräsenz, Nachwuchs und auch am Biss der Athleten. In anderen Ländern ist das Boxen die einzige Chance auf eine Perspektive. Da wird mit viel Disziplin alles auf eine Karte gesetzt.» Vorwürfe macht Nigg ihren Schützlingen nicht. Adam Messibah (Jahrgang 2003), Ana Milisic (1995) und Anna Jenni (1994) werden seit 2020, Seifeddine Letaief (2002) seit 2022 für Olympia aufgebaut. «Sie alle opfern vieles für diesen Traum, ohne zu wissen, ob es am Ende klappt.»
Im italienischen Busto Arsizio fand diese Woche das erste Olympiaqualifikations-Turnier statt (WQ1), das für das Schweizer Team ohne Exploit endete. Während Adam Messibah wegen Krankheit gar nicht anreisen konnte, haben auch die anderen Schweizer die Quali verpasst. Ana Milisic hat einen Kampf gewonnen, den zweiten am Donnerstag verloren. Anna Jenni kam zweimal kampflos weiter, verlor aber am Mittwoch, als sie erstmals im Einsatz stand. Und auch Seifeddine Letaief verlor. Es bleibt Ende Mai/Anfang Juni noch eine letzte Chance, dann findet in Bangkok das zweite Quali-Turnier statt. Für die Schweiz werden Jenni, Milisic, Messibah und Ukë Smajli in den Ring steigen. Smajli fehlte in Italien aus beruflichen Gründen. Die Qualifikation für Olympia bleibt für die vier Schweizer eine Herkulesaufgabe.
Im italienischen Busto Arsizio fand diese Woche das erste Olympiaqualifikations-Turnier statt (WQ1), das für das Schweizer Team ohne Exploit endete. Während Adam Messibah wegen Krankheit gar nicht anreisen konnte, haben auch die anderen Schweizer die Quali verpasst. Ana Milisic hat einen Kampf gewonnen, den zweiten am Donnerstag verloren. Anna Jenni kam zweimal kampflos weiter, verlor aber am Mittwoch, als sie erstmals im Einsatz stand. Und auch Seifeddine Letaief verlor. Es bleibt Ende Mai/Anfang Juni noch eine letzte Chance, dann findet in Bangkok das zweite Quali-Turnier statt. Für die Schweiz werden Jenni, Milisic, Messibah und Ukë Smajli in den Ring steigen. Smajli fehlte in Italien aus beruflichen Gründen. Die Qualifikation für Olympia bleibt für die vier Schweizer eine Herkulesaufgabe.
Die Voraussetzungen seien für den Boxsport in der Schweiz halt ganz anders. «Wir verlieren die Athleten schon auf dem Weg. Sie müssen ins Militär oder an die Uni, werden am Arbeitsplatz gefordert oder machen eine Ausbildung.» Vom Boxsport allein kann hier kein Athlet leben. «Und fehlen Aushängeschilder wie Odermatt oder Federer», sagt Nigg.
Die grossen Zeiten der Profikämpfe
Früher, da gab es Fritzli Chervet, den besten Boxer, den wir je hatten, der zwischen 1967 und 1976 Schweizer Hallen füllte: die Berner Festhalle, den Genfer Pavillon des Sports, das Zürcher Hallenstadion. Und in den Nullerjahren gab es in Zürich und Bern WM-Kämpfe in der Schweiz. Die Fans konnten Walujew live sehen, die Klitschkos und Holyfield. «Auch wenn Profiboxen mit olympischem Boxen nicht vergleichbar ist, erhöhen solche Kämpfe das generelle Interesse am Boxsport, wovon alle profitieren würden», sagt Nigg.
Doch momentan sind wir in der Schweiz weit weg von internationalen Titelkämpfen der grossen Verbände. Die spektakulären Events finden im Nahen Osten statt. Da, wo das Geld ist.
Christina Nigg organisiert als designierte Missionsleiterin für Olympia trotzdem schon alles, was mit Paris zu tun hat. Wenn sich keine Schweizer qualifizieren, fällt die Reise ins Wasser, und es bleibt beim lehrreichen Prozess für alle. Wenn aber doch, dann wäre das Christina Niggs Krönung. Die Krönung ihrer Arbeit als Chefin Leistungssport und auch die Krönung ihrer Karriere als Boxpionierin der Schweiz. Dafür wirft sie mit ihren Schützlingen noch einmal die ganze Leidenschaft in den Ring. Abtauchen kann sie später.