Auf einen Blick
- Helvetas passt Löhne an, höhere steigen, niedrigere sinken
- Lohnkürzungen führten zu Frustrationen bei den Mitarbeitenden
- Lohnsumme steigt um 1,2 Prozent trotz neuer Regelung
Ein neues Lohnreglement beim Schweizer Hilfswerk Helvetas sorgt für Ärger. Es führt dazu, dass die Löhne von Geschäftsleitungsmitgliedern, Teamleiterinnen und anderen höheren Angestellten tendenziell nach oben angepasst werden. Während die Löhne der einfachen Angestellten gekürzt werden.
Die Anpassung ist ab 2025 wirksam und hat bei den rund 180 Mitarbeitenden für Frustration gesorgt. In mehreren Runden mussten die Personalverantwortlichen und die Geschäftsleitung die Änderungen erklären. Dass die Löhne der tieferen Lohngruppen gekürzt werden, löste auch bei den Besserverdienenden Kopfschütteln aus. «Mein Lohn wird zwar nach oben angepasst, aber ich finde es nicht in Ordnung, dass Kolleginnen und Kollegen, die jetzt schon weniger verdienen, künftig noch weniger bekommen», sagt eine Person gegenüber Blick.
Hintergrund der umstrittenen Anpassung ist, dass es für Helvetas immer schwieriger wird, Personal auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Ein Lohnvergleich zeigte, dass das Hilfswerk für höher qualifizierte Arbeiten tendenziell zu tiefe Löhne bezahlte, während einfachere Tätigkeiten besser entlöhnt wurden.
Hochkomplexes Lohnsystem
Darauf hat die Personalabteilung das interne «Funktionslohnsystem» angepasst. Dabei handelt es sich um ein komplexes System, das insgesamt 95 verschiedene Funktionen mit Punkten bewertet. Die Anpassungen führten dazu, dass 16 Funktionen abgewertet und 14 aufgewertet wurden, der Rest blieb unverändert. Einige Funktionen erhielten dadurch mehr Punkte, andere weniger. Da hinter jedem Punkt ein Geldbetrag steht, macht sich das unmittelbar im Geldbeutel bemerkbar.
Als das Ergebnis präsentiert wurde, gab es einen Aufschrei. Nach intensiven Verhandlungen mit der Personalkommission konnten effektive Lohnkürzungen gerade noch abgewendet werden. Man einigte sich darauf, dass die von einer Kürzung betroffenen Mitarbeiter für die nächsten drei Jahre eine Besitzstandswahrung erhalten. Allerdings erhalten sie in dieser Zeit keinen Teuerungsausgleich. Im Unterschied zu anderen Organisationen hat Helvetas in den letzten Jahren allen Mitarbeitenden den vollen Teuerungsausgleich gewährt. Im Jahr 2023 betrug die Erhöhung pauschal vier Prozent, im Jahr davor 1,5 Prozent.
Ein Sprecher des Hilfswerks bestätigt die Anpassungen auf Anfrage. In den vergangenen zwölf Jahren hätten sich die Aufgaben und Verantwortlichkeiten vieler Funktionen verändert. «Deshalb wurde ein Quervergleich nötig, um sich dem veränderten Arbeitsumfeld anzupassen», teilt Helvetas schriftlich mit. Das Hilfswerk bestätigt auch, dass die Lohnkürzungen zu Frust geführt haben. Man habe Verständnis dafür, dass die «tieferen Einstufungen die betroffenen Mitarbeitenden schmerzen».
Lohn des Helvetas-Chefs steigt auf knapp 200'000 Franken
In den Genuss einer Lohnerhöhung kommen unter anderen auch die Mitglieder der Geschäftsleitung und der Geschäftsleiter von Helvetas, Melchior Lengsfeld. Wie das Hilfswerk mitteilt, erhöht sich sein Lohn auf Anfang Jahr aufgrund des neuen Lohnsystems um 1,9 Prozent. Sein Bruttolohn steigt damit auf 197'000 Franken – ohne allfälligen Teuerungsausgleich. Im Jahr 2021 hatte Lengsfeld laut Geschäftsbericht noch ein Gehalt von 179'000 Franken bezogen. Seither konnte er seine Bezüge also um zehn Prozent steigern.
Wie Helvetas auf Anfrage schreibt, stimmten in einer Abstimmung 91,4 Prozent der Mitarbeitenden der definitiven Lohnrevision zu. Die Anpassungen seien auch vom Vorstand gutgeheissen worden. Präsidentin des Hilfswerks ist die ehemalige Grünen-Politikerin Regula Rytz (62) – in ihrer Funktion segnete sie das neue Lohnregime ab. Im Vorstand sitzt unter anderem die bekannte Zürcher Armutsforscherin Dina Pomeranz (47).
Weil viele Hilfswerke den Gürtel enger schnallen müssen, gab es die Vorgabe, dass das neue Lohnsystem nicht zu einer Erhöhung der Lohnsumme führt. Dieses Ziel wurde verfehlt. Wie das Hilfswerk schreibt, steigt die Lohnsumme insgesamt um 1,2 Prozent. Dies dürfte auch mit der nachträglich gewährten Besitzstandswahrung zusammenhängen.