Jetzt kommen auch noch die Schweine nach Bern. Abgestimmt wird zwar erst im September, der Bauernverband lanciert aber bereits morgen Montag seine Kampagne gegen die Massentierhaltungs-Initiative. Geplant ist die übliche parteipolitische Pressekonferenz. Gleich im Anschluss aber, so die Vorabinfo des Nein-Komitees, «manifestieren auf dem Kornhausplatz Hühner und Schweine, dass sie lieber in der Schweiz als im Ausland leben». Das Land hat viele Agrar-Abstimmungen erlebt, erstmals aber sollen nun auch Nutztiere politisches Bewusstsein beweisen.
Das Stelldichein von Schwein und Huhn ist mehr als ein heimeliger PR-Stunt. Beide Lager wissen um die Kraft der Tierliebe. Oder um das schlechte Gewissen jener, die diese Tiere essen. Darum hat der Bauernverband gegen eine Initiative, die das Tierwohl in die Bundesverfassung schreiben und die industrielle Haltung von Nutztieren verbieten will, eine eindrückliche Allianz geformt.
Natürliche Art der Fleischproduktion
Mit dabei im Nein-Komitee ist ein Verband, dessen Leitbild mit dem Geist der Initiative übereinstimmt. Seit Jahrzehnten vertritt Mutterkuh Schweiz eine natürliche Art der Fleischproduktion. Die Kälber leben erst von der Milch ihrer Mütter, später von Gras und Heu. Wachstumsförderer oder Gentech im Futter sind Tabu. Sommerweiden sind Pflicht, auch im Winter haben die Tiere Auslauf. Schweizer Bauern halten 100'000 Rinder nach diesen strengen Vorschriften. Sie haben die Abkehr von der Massentierhaltung längst vollzogen. Und kämpfen trotzdem gegen deren Verbot.
Für Urs Vogt, Geschäftsführer von Mutterkuh Schweiz ist die Vorlage schlicht zu radikal. Die weitere Förderung des Tierwohls geschehe am besten durch Anreizsysteme, seien das Labels oder Tierwohlbeiträge, sagt er und warnt davor, dass die Konsumenten nach einem Ja noch mehr Fleisch im grenznahen Ausland kaufen würden. Dort gelten die strengen Schweizer Standards nicht: «Die Initiative könnte in diesem Punkt sogar kontraproduktiv wirken», so Vogt.
Initianten signalisierten Kompromissbereitschaft
Dafür, dass die ambitionierte Vorlage ohne mehrheitsfähigen Gegenvorschlag daherkommt, sorgten ihre Gegner gleich selbst. Die Initianten signalisierten früh Kompromissbereitschaft. Aber davon wollten die glänzend organisierten Interessenvertreter der Landwirtschaft im Parlament nichts wissen. «Es wäre möglich gewesen, mit einem Kompromissvorschlag einen gehässigen Abstimmungskampf zu verhindern», sagt Kilian Baumann (41), Biobauer und Nationalrat der Grünen.
Vergebens. «Stattdessen steht uns das nächste Polittheater mit der üblichen Rollenteilung bevor: Hier die städtischen Tierschutz-Aktivisten, dort der Bauernverband und seine Verbündeten», sagt der Grüne. Theater ist eine nette Untertreibung. Baumann musste sich wegen massiver Drohungen letztes Jahr aus einem Abstimmungskampf über zwei Agrar-Vorlagen zurückziehen.
Folgt ein harter Abstimmungskampf?
Heute kritisiert er, dass Mutterkuh Schweiz Konsumenten in die Irre führe, «wenn der Verband seine Produkte mit schönen Bildern von Kühen im Freien bewirbt, gleichzeitig aber eine Vorlage bekämpft, die längerfristig die Massenhaltung von Tieren, zum Beispiel in grossen Poulet-Masthallen, unterbinden will».
Der Ton ist gesetzt. Vom Berner Streichelzoo bleiben in diesem Abstimmungskampf höchstens ein paar herzige Fotos.