Marcel Rohner
Der Bankierpräsident und seine Verbindung zu den Deal-Versenkern der SVP

Das Nein zum CS-Deal beschädigt den Finanzplatz. Dass ausgerechnet die wirtschaftsfreundliche SVP den Deal mitversenkte, ist auch ein Debakel für die Bankiervereinigung.
Publiziert: 16.04.2023 um 11:45 Uhr
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Aktualisiert: 16.04.2023 um 12:33 Uhr
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Marcel Rohner ist seit einem Jahr Präsident der Bankiervereinigung.
Foto: Philippe Rossier
Beat Schmid*

Seit einem Jahr ist Marcel Rohner (58) Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung. Er scheint noch keine Antwort auf die aktuelle Krise gefunden zu haben. Statt vorwärtszuschauen, forderte er eine «schonungslose Aufklärung» der Ereignisse. «Wir haben noch immer kein vollständiges Bild der Situation, wie schnell und stark der Abfluss der Kundengelder wirklich war», sagte er im Blick.

Vergangenheitsbewältigung und Aufklärung

Viel mehr würde jetzt interessieren, wie er die Zukunft des Finanzplatzes gestalten will. Wie er die Schweiz als weltweiter Hub für Vermögende stärken will. Auch hätte er herausstreichen können, wie wichtig die Banken trotz CS-Pleite für die globalisierte Schweizer Wirtschaft sind und weiterhin bleiben.

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Interessant wäre auch, was der oberste Bankenlobbyist von der Forderung nach 20 Prozent Eigenkapital, nach einem Trennbankensystem und nach einem Bonusverbot hält. SonntagsBlick stellte ihm die Frage: Wären Sie dafür, Boni für höhere Kadermitglieder zu streichen, wenn eine Bank einen Verlust schreibt? Die Antwort: «Die Bankiervereinigung wünscht und unterstützt eine gründliche, unabhängige und ergebnisoffene Aufarbeitung der Ereignisse unter Einbezug aller relevanten Akteure.»

Eine ähnlich kafkaeske Antwort bekommt man auf die Frage zum finanziellen Loch der Organisation, wenn die Credit Suisse dieses Jahr ihren Beitrag nicht mehr bezahlen wird, wovon man ausgehen muss. Sind es 25 Prozent? Oder mehr? «Im Zentrum steht zuvorderst die unabhängige und ergebnisoffene Aufarbeitung der Ereignisse unter Einbezug aller relevanten Akteure», heisst es.

Die Organisation hat ein Problem – nicht nur ein finanzielles oder kommunikatives. Sie ist auch personell geschwächt. Direktor Jörg Gasser (53) trat abrupt zurück. Offiziell verabschiedet wurde er nie. Nicht mal einen Abschiedsapéro soll es gegeben haben. Die Geschäfte werden interimistisch von August Benz (53) geführt, der die Geschäftsführung aber nicht übernehmen will, weil er sonst sein Mandat als Bankratspräsident der Schwyzer Kantonalbank abgeben müsste.

Gekündigt hat auch Geschäftsleitungsmitglied Silvan Lipp (40), der für die Kommunikation und die Beziehungen zur Politik zuständig war. Er leitet ab Mai die Kommunikation des Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse.

Eingeweihte sagen, dass die Abgänge auch mit dem neuen Präsidenten zusammenhängen. Raiffeisen, die zweitgrösste Bankengruppe nach der UBS, ist weiterhin kein Mitglied des Verbands.

Im Verwaltungsrat mit Matter und Aeschi

Wer ist Marcel Rohner? Gemäss Verbandswebsite ist er Vizepräsident des Verwaltungsrats der Genfer Privatbank Union Bancaire Privée (UBP). Ein zweites Bankenmandat ist nicht aufgeführt. Tatsächlich aber sitzt er seit elf Jahren auch im Verwaltungsrat der Helvetischen Bank in Zürich. Diese wurde 2010 von Banker Thomas Matter (57) gegründet, der für die Zürcher SVP im Nationalrat politisiert und in der Finanzpolitik die Marschrichtung vorgibt.

Wenig bekannt ist, dass im Verwaltungsrat der Helvetischen Bank ein zweiter prominenter SVP-Politiker vertreten ist: Thomas Aeschi (44), der Fraktionspräsident der grössten Partei der Schweiz.

Matter und Aeschi schworen ihre Parteikollegen diese Woche auf ein Nein ein und schossen so den CS-Deal im Nationalrat ab. Thomas Matter polterte im Saal, die CS habe eine «woke» Agenda mit Genderthemen und Klimaschutz über ihr eigentliches Kerngeschäft gestellt. Thomas Aeschi kritisierte Finanzministerin Karin Keller-Sutter (59) scharf und fragte, warum man der Nationalbank nicht per Notrecht erlaubt habe, unbegrenzt Liquidität zur Verfügung zu stellen.

Der Graben zwischen den SVP-Exponenten und den Vertretern des Finanzplatzes ist riesig geworden. Die unerbittliche Haltung verärgert wirtschaftsliberale und bankenfreundliche Stimmen in der Partei. «Ich bin ein SVP-Wähler, aber was meine Kollegen in Bern anstellen, ist einfach verantwortungslos», sagt ein Banker.

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SonntagsBlick wollte von Rohner wissen, ob es für ihn nicht ein Problem sei, einem Verwaltungsrat anzugehören, in dem zwei Mitglieder gegen die Interessen des Finanzplatzes politisieren. Doch die eingereichten Fragen blieben unbeantwortet.

Marcel Rohner ist als Banker tief gefallen. Vor 15 Jahren war er Konzernchef der UBS, als sie vom Staat gerettet werden musste. Kurz darauf wurde er von Oswald Grübel (79) abgelöst. Zuvor verantwortete er den Wealth-Management-Bereich, der im Zentrum des Steuerstreits mit den USA stand. Dass die berufliche Karriere des obersten Lobbyisten des Finanzplatzes eng mit der ersten Grossbanken-Rettung verbunden ist, sendet kein ideales Signal ins Ausland.

* Der Journalist Beat Schmid (54) schreibt im SonntagsBlick über Finanzthemen. Er ist Herausgeber des Onlinemediums tippinpoint.ch

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