Ausgerechnet ein konservativer Oberwalliser hat im Parlament eine kleine Revolution angezettelt: Mitte-Ständerat Beat Rieder (58), bekannt für den vergeblichen Kampf gegen die Namensänderung seiner Partei, der einstigen CVP, will dem Lobbying im Rat Einhalt gebieten.
Seine Forderung: Kommissionsmitglieder dürfen keine bezahlten Mandate von Organisationen annehmen, die von Gesetzen betroffen sind, welche besagte Kommissionsmitglieder selber erlassen.
Kommentar zum Thema
Wer beispielsweise in der Gesundheitskommission sitzt, dürfte künftig kein neues Mandat als Krankenkassenvertreter akzeptieren. Heute ist so etwas gang und gäbe, es gibt sogar einen Begriff dafür: Parlamentarier-Shopping.
Wohin das führen kann, zeigte ein Bericht von Transparency International just am Beispiel der ständerätlichen Gesundheitskommission: Eine Mehrheit ihrer Mitglieder hatte in der vergangenen Legislatur Mandate der Versicherungsbranche oder einer nahestehenden Gruppierung.
Gekaufte Volksvertreter?
Womit sich die Frage stellt, wie unabhängig unsere Volksvertreter sind. Und wie stark finanzkräftige Lobbygruppen Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen.
Rieder will derlei Auswüchse künftig unterbinden. Sein Vorschlag sieht allerdings Ausnahmen vor: Mandate, die ein Ratsmitglied «im Rahmen seiner hauptberuflichen Tätigkeit ausübt», sollen davon nicht betroffen sein. Ebenso wenig Mandate, die ein Ratsmitglied bereits ein Jahr vor Einsitznahme in die entsprechende Kommission innehatte, sowie solche, die mit weniger als 5000 Franken pro Jahr entlöhnt werden. Dies, um es Politikern zu ermöglichen, neben ihrer politischen Arbeit weiterhin einem Beruf nachzugehen.
Die staatspolitischen Kommissionen beider Räte haben Rieders Vorstoss überraschend zugestimmt. Kommende Woche macht sich die ständerätliche Kommission daran, die Details auszuarbeiten.
Trifft es die Falschen?
Doch damit droht der Vorlage auch schon wieder der Absturz.
Gespräche mit Politikern zeigen: Selbst jene, die das Vorhaben unterstützen, zweifeln daran, ob sich das Problem so einfach lösen lässt. FDP-Ständerat Andrea Caroni (41) findet es zwar «richtig, das Thema anzugehen». Aber: «Die Schwierigkeit liegt in der Umsetzung.» So, wie die Vorlage formuliert sei, verhindere sie nur das Parlamentarier-Shopping, also die Vergabe von Mandaten an Politiker, sobald sie in eine Kommission gewählt worden sind.
Caroni: «Jene Parlamentarier, die hauptberuflich Interessenvertreter sind – etwa als Verbandsfunktionäre –, dürften hingegen weiterhin in den entsprechenden Kommissionen Einsitz nehmen. Das heisst: Ausgerechnet die Vollprofis wären von der Regelung nicht betroffen, alle anderen dagegen schon.»
Zweifel auch von links
Auch Grünen-Ständerat Mathias Zopfi (37) versteht Rieders Forderung. Doch: «Es wird schwierig sein, den Vorstoss so umzusetzen, dass man das Problem löst und die ‹Richtigen› erwischt. Ich bin nicht sicher, dass es gelingen wird.»
Mandat sei nämlich nicht gleich Mandat, findet Zopfi. Die Vertretung von Verbänden gehöre bei einem Milizparlament dazu. Heikel sei dagegen die Mitgliedschaft in Beiräten, bei denen Parlamentarier für die Teilnahme an ein paar Sitzungen pro Jahr fürstlich entschädigt werden, «ohne dass man Verantwortung trägt».
Es zeigt sich: Selbst die Befürworter des Vorstosses hegen Zweifel, ob das Dilemma auf gesetzlichem Weg gelöst werden kann.
Gut möglich also, dass das Parlament zum Schluss kommt, das Problem lasse sich so nicht lösen – und einmal mehr alles beim Alten lässt.