Schaffhauser Fussballfans freigesprochen!
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Wegen Transparent vor Gericht:Schaffhauser Fussballfans freigesprochen!

«Winti Fraue figgä und verhaue»-Transparent
Schaffhauser Fussballfans freigesprochen!

Ein Transparent sorgte auf der Winterthurer Schützenwiese beim Fussball-Derby gegen Schaffhausen für einen Skandal: «Winti Fraue figgä und verhaue» war da zu lesen. Am Dienstag standen sechs junge Fussballfans dafür vor Bezirksgericht.
Publiziert: 31.08.2021 um 14:20 Uhr
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Aktualisiert: 31.08.2021 um 22:31 Uhr
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Am Dienstag standen sechs Fussballfans vor Bezirksgericht Winterthur ZH.
Foto: Philippe Rossier
Michael Sahli

Beim Gang ins Gerichtsgebäude verstecken die Angeklagten ihre Gesichter hinter Aktenordnern und Masken. Und keiner von ihnen will den Primitiv-Spruch geschrieben haben, der am Dienstag die sechs Schaffhauser Fussballfans* vor Bezirksgericht Winterthur ZH brachte. Die Anklage: Die sechs Schweizer hielten im Mai 2019 beim Derby gegen Schaffhausen auf der Winterthurer Schützenwiese während einer Minute ein Transparent hoch. Text: «Winti Fraue figgä und verhaue».

Damit zogen sich die teilweise einschlägig vorbestraften Männer, heute alle zwischen Anfang und Ende 20, den Zorn von höchster Stelle auf sich. Die Zürcher Justizministerin Jacqueline Fehr twitterte nach dem Vorfall empört: «Das ist ein klarer Aufruf zu Gewalt gegen Frauen. Da reicht eine Entschuldigung nicht!»

Primitiver Spruch – aber auch ein Gewaltaufruf?

So sah das auch die Staatsanwaltschaft. Und klagte wegen öffentlicher Aufforderung zu Verbrechen oder zur Gewalttätigkeit. Die geforderten Strafen reichen von bedingten Geldstrafen – bis zu happigen unbedingten Geldstrafen von 12'000 Franken plus Busse!

Die Aussagen der Beschuldigten vor dem Richter ähnelten sich. Bis auf einen erschienen alle ohne Anwalt. «So ein Spruch geht natürlich nicht», sagte einer der Angeklagten, ein angehender Student, der bei seinen Eltern wohnt. «Ich war stark alkoholisiert.»

Wer das Plakat geschrieben habe, wisse er nicht. Auch seine Kumpels gaben alle an, jeweils nur kurz eine Ecke des Transparentes gehalten zu haben und sonst nichts über die Entstehungsgeschichte zu wissen. «Ich habe gar nicht gesehen, was da steht, ich war ziemlich alkoholisiert», sagte einer.

Ein anderer Angeklagter, von Beruf Produktionsmitarbeiter, argumentierte: Die Medien hätten den Text wohl falsch verstanden: «Jeder hier ist gegen Gewalt.» Oder: «Wer das als Gewaltaufruf interpretiert, ist noch dümmer, als die Person, die die Idee zum Banner hatte.»

Freispruch in allen Fällen

Gleich argumentierte auch der einzige anwesende Verteidiger: «Keiner der Anwesenden wäre jemals auf die absurde Idee gekommen, dass sie zu Gewalt gegen Frauen aus Winterthur aufgerufen sind. Der Spruch war niveaulos, aber strafrechtlich relevant war er nicht.»

Wäre es nicht um Frauen gegangen, sondern um eine andere Gruppe, hätte sich niemand für den Fall interessiert, so der Anwalt. Weil der Staatsanwalt nicht an der Verhandlung teilnahm, bleib es bei diesem einen Plädoyer.

Das Gericht folgte dieser Argumentation und sprach alle sechs Angeklagten im Haupt-Anklagepunkt frei. Verurteilt wurde lediglich einer der Fussball-Kumpels, weil bei ihm noch eine kleine Cannabis-Anlage gefunden wurde.

Der Spruch sei moralisch nicht tolerierbar, begründete der Richter das Urteil. Aber: Es handle sich in diesem Kontext um eine Provokation der gegnerischen Fans. «Keiner wäre auf die Idee gekommen, tatsächlich Gewalt gegen Frauen anzuwenden.»

*Namen der Redaktion bekannt

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