Auf einen Blick
- Zürcher Obergericht verhandelt Fall eines «Loverboys». Hauptbeschuldigter zwang 12-Jährige zu Sex
- Beschuldigter behauptete Freiwilligkeit, Gericht sah Machtgefälle und Ausbeutung des Opfers
- Hauptbeschuldigter wurde 2022 zu 8 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt
Vor dem Zürcher Obergericht muss sich heute Montag ein so genannter «Loverboy» verantworten. Es handelt sich um den heute 23-Jährigen, der seinen «Bros» ein zwölfjähriges Mädchen für Vergewaltigungen zur Verfügung gestellt hatte.
Das Opfer hat am Montag vor Obergericht dargelegt, wie es die Ereignisse verarbeitete. Dabei suchte die heute volljährige Frau auch den Kontakt zu ihrem mutmasslichen Peiniger – und beschenkte ihn.
Im vergangenen Jahr suchte das Opfer mehrfach die Nähe zum 23-jährigen Hauptbeschuldigten. Sie ging zu seiner Wohnung, klingelte, legte einmal eine Rose hin und einmal ein Armband. Sie habe sich damals eine Umarmung erhofft. Sie hege aber keine Gefühle mehr für ihn, betonte sie. «Ich wollte nur mit ihm reden, um mit der Sache abzuschliessen.» Eine Therapie macht sie heute nicht mehr.
«Loverboy» in erster Instanz zu 8 Jahren Knast verurteilt
Dieser Fall ist ein drastisches Beispiel der so genannten «Loverboy»-Missbrauchsform. «Loverboys» sind Männer, die Mädchen oder Frauen, die in sie verliebt sind, manipulieren, abhängig machen und ausbeuten. Häufig drängen sie die Opfer zu Sex mit anderen – so war es auch bei diesem Fall aus Winterthur.
Das Jugendgericht des Bezirks Winterthur hatte den Hauptbeschuldigten im Jahr 2022 zu einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren und 9 Monaten verurteilt, was nun vor Obergericht angefochten wird. Für das Gericht war damals aber klar, dass der Sex zwischen dem Mädchen und seinen Freunden, den «Bros», nicht freiwillig war.
Machtgefälle ausgenutzt
Das damals zwölfjährige Mädchen war unsterblich in den vier Jahre älteren Jugendlichen verliebt. Dieses Machtgefälle habe der Verurteilte zwar nicht aktiv geschaffen. Aber er habe es rasch erkannt und für sich und seine Kollegen ausgenutzt, sagte der Richter damals bei der Urteilseröffnung.
Während der Verhandlung behaupteten der «Loverboy» und seine sechs Freunde, dass das Mädchen immer freiwillig mitgemacht habe und sie «doch alle miteinander Spass gehabt» hätten. Vor Gericht stünden sie nur, weil das Mädchen nicht als Flittchen gelten wolle.
«Nur die Männer hatten Spass»
Das Gericht in Winterthur kam jedoch zu einem anderen Schluss, nur schon weil es von einer Massenvergewaltigung ein Video gibt. «Die einzigen, die hier Spass hatten, waren die Männer», sagte der Richter damals. Das Verhalten der sieben Beschuldigten bezeichnete er als «absolut niederträchtig».
Der Hauptbeschuldigte wurde wegen 16 Straftatbeständen verurteilt, die gravierendsten waren Menschenhandel, Vergewaltigung und sexuelle Handlungen mit Kindern. Vor Obergericht stehen erneut auch seine «Bros», die das Mädchen «haben durften». Sie wurden 2022 zu bedingten und teilweise unbedingten Freiheitsstrafen verurteilt.
Bundesgericht lässt Medien zu
Weil der Hauptbeschuldigte bei einem Teil der angeklagten Delikte noch minderjährig war, versuchte dieser bis vor Bundesgericht, die Medien vom Prozess auszuschliessen – jedoch ohne Erfolg.
Das Bundesgericht entschied Ende Oktober, dass die Medien über den Fall berichten dürfen. Schliesslich sei der Beschuldigte seit mehr als fünf Jahren volljährig. Zudem habe die Straftat in der Bevölkerung grosses Aufsehen erregt.
Den Medien werden aber Auflagen gemacht, so dürfen mutmassliche Täter und das Opfer nicht identifizierbar sein. Wohnorte, Geburtsdaten und Nationalitäten dürfen nicht genannt werden. Die breite Öffentlichkeit ist vom Prozess ausgeschlossen.