Er zwang 12-Jährige zu Sex mit seinen Freunden
Winterthurer «Loverboy» (21) muss fast 9 Jahre in den Knast

Ein Mädchen verliebte sich unsterblich in einen älteren Jungen. Dieser nutzte das aus und zwang sie zum Sex mit Freunden – das erste Mal war sie 12 Jahre alt. Dafür wurde der «Loverboy» nun zu 8 Jahren und 9 Monaten Haft verurteilt.
Publiziert: 08.07.2022 um 12:35 Uhr
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Aktualisiert: 08.07.2022 um 19:37 Uhr
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Das Bezirksgericht Winterthur verurteilte einen «Loverboy» zu 8 Jahren und 9 Monaten Haft, weil er eine damals 12-Jährige zu Sex mit seinen Freunden zwang.

Das Bezirksgericht Winterthur hat am Freitag einen heute 21-jährigen so genannten «Loverboy» zu einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Er hatte ein 12-jähriges Mädchen seinen «Bros» für Vergewaltigungen zur Verfügung gestellt.

Neben der unbedingten Freiheitsstrafe von 8 Jahren und 9 Monate verhängte das Gericht auch noch eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen von 30 Franken. Zudem muss der 21-Jährige der jungen Frau eine Genugtuung von 50'000 Franken zahlen.

Gericht zweifelt nicht an Aussagen des Opfers

Der Sexualstraftäter wurde wegen 16 einzelnen Straftatbeständen verurteilt, die gravierendsten sind Menschenhandel, Vergewaltigung und sexuelle Handlungen mit Kindern, weil das Mädchen erst 12 Jahre alt war, als es erstmals mit seinen «Bros» Sex haben musste. Verurteilt wurde er aber auch wegen Vermögensdelikten: Innerhalb von zwei Jahren brachte er das Mädchen dazu, von seiner Familie insgesamt 15'000 Franken zu stehlen. Brachte sie ihm kein Geld, schlug er sie zusammen.

Für das Gericht gab es keinerlei Zweifel an den Aussagen des heute 17-jährigen Opfers. Das Mädchen sei unsterblich in den Jugendlichen verliebt gewesen und habe alles für ihn gemacht, sagte das Gericht.

«Loverboys» manipulieren Mädchen oder Frauen

Dieses Machtgefälle habe der Verurteilte zwar nicht aktiv geschaffen. Aber er habe es rasch erkannt und für sich und seine Kollegen ausgenutzt. «Sie haben das alles organisiert und befohlen», sagte der Richter zum Verurteilten. Während der Verhandlung betonte der Verurteilte stets, dass das Mädchen alles freiwillig mitgemacht habe.

«Wir hatten doch Spass», sagte er vor Gericht. Ihm zufolge sei alles freiwillig gewesen. «Wenn sie sich gezwungen gefühlt hat, ist das schlimm und tut mir leid», sagte er. Er habe ihr nie befohlen, mit seinen Freunden Sex zu haben.

«Die einzigen, die hier Spass hatten, waren die Männer»

Das Gericht kam zu einem anderen Schluss, nur schon weil es von einer Massenvergewaltigung ein Video gibt, «das wir uns leider ansehen mussten», sagte der Richter. «Man sieht auf den Aufnahmen genau, dass das Opfer keineswegs mit Vergnügen und Lust dabei war. Die einzigen, die hier Spass hatten, waren die Männer.»

Als die Männer ihren Orgasmus hatten, liessen sie das Mädchen auf dem Boden liegend zurück. Dort wartete es alleine, bis frühmorgens der erste Zug fuhr und sie nach Hause konnte. Der Richter bezeichnete dieses ganze Verhalten als «absolut niederträchtig».

Angeklagter schlug Mädchen, wenn sie ihm kein Geld brachte

Eine Beziehung habe er zum zwölfjährigen Mädchen nicht gehabt. Das sei eher so «Freundschaft plus» gewesen, also eine Freundschaft mit Sex. «Ich habe ihr nie einen Grund gegeben, sich in mich zu verlieben.»

Ihm sei es sowieso immer nur ums Geld gegangen, das er von ihr verlangt habe. «Wenn sie kein Geld für mich hatte, fühlte ich mich verarscht», sagte er weiter. Dann habe er sie geschlagen. Das seien so «gegenseitige Spielereien» gewesen.

Um ihrem «Freund» Geld geben zu können, stahl das Mädchen seinen Eltern innerhalb von zwei Jahren rund 15'000 Franken. Er zahlte damit Kleider und wollte ein Rap-Video produzieren.

«Vielleicht war es einseitig»

Die heute 17-jährige Geschädigte sieht diese zwei Jahre mit dem «Loverboy» völlig anders. Das sei durchaus eine Beziehung gewesen, wenn auch keine normale, sagte sie in der Befragung. «Vielleicht war es nur einseitig von mir aus.»

Immer wenn er ihr etwas angetan habe, habe er schadenfreudig «wie ein Psycho» gegrinst. Sie habe sich aber nicht von ihm trennen können, weil es immer auch schöne Momente gegeben habe. «Manchmal streichelte er mir über die Wange. Ich konnte nicht loslassen.»

Mädchen habe doch nur Liebe gewollt

Der Sex mit dem Hauptbeschuldigten sei einvernehmlich gewesen, weil sie ihm auf diese Weise habe nahe sein können. «Mir hätte aber auch eine Umarmung genügt.» Der Sex mit seinen «Bros» hingegen nicht. «Ich habe aber nie etwas gesagt. Ich war eher passiv und das schüchterne Mädchen.» Sie habe doch nur Liebe gewollt.

Ihre Eltern versuchten verzweifelt, ihre Tochter von dem älteren Jugendlichen fernzuhalten. Allerdings half auch nicht, dass sie die Tochter im Zimmer einsperrten. In einem Fall sprang sie sogar aus dem zweiten Stock, um ihren «Freund» zu sehen.

Sie will ihn glücklich sehen

Als sie ihn dann doch irgendwann anzeigte und er verhaftet wurde, war das für sie, «wie wenn mir eine Droge weggenommen wird». Auch heute noch scheint sie Gefühle für ihren Peiniger zu haben. Sie wolle ihn glücklich sehen und wünsche ihm eine Frau, die ihn so liebe, wie sie, sagte sie bei der Befragung.

«Bros» zu bedingten Haftstrafen verurteilt

Verurteilt wurden am Freitag auch seine sechs «Bros». Die drei, die zum Zeitpunkt der Vergewaltigungen selber noch minderjährig waren, verurteilte das Gericht zu bedingten Freiheitsstrafen zwischen neun und zwölf Monaten.

Die drei, die beim Missbrauch der Zwölfjährigen schon volljährig waren, müssen hingegen ins Gefängnis. Sie wurden zu unbedingten Freiheitsstrafen zwischen 3 Jahren und 10 Monaten und 5 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Diese drei Täter erhielten zudem ein lebenslängliches Tätigkeitsverbot mit Minderjährigen.

117'000 Franken Genugtuung


Zwei von ihnen werden zudem für sieben, respektive acht Jahre des Landes verwiesen. Das Gericht verurteilte die "Bros" unter anderem wegen Vergewaltigung, sexueller Nötigung und sexueller Handlungen mit Kindern. Sie alle hätten gewusst, dass das Mädchen nicht freiwillig mitmache, sagte der Richter. «Und auch wie jung es ist.»

Die sieben Verurteilten müssen der jungen Frau insgesamt 117'000 Franken Genugtuung zahlen.

Der Fall in Winterthur ist ein drastisches Beispiel der so genannten «Loverboy»-Missbrauchsform. «Loverboys» sind Männer, die Mädchen oder Frauen, die in sie verliebt sind, manipulieren, abhängig machen und ausbeuten. Häufig drängen sie die Opfer zu Sex mit anderen. (SDA/vof)

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