Das Unverständnis bei Dominic Täubert (23) ist noch immer gross. Langsam schlendert er dem Seequai von Pfäffikon ZH entlang. Am Freitagabend und am Wochenende treffen sich hier zahlreiche Jugendliche, geniessen die Sonne, haben Spass. Doch nun soll damit zumindest teilweise Schluss sein.
Am kommenden Montag diskutiert die Pfäffiker Gemeindeversammlung über die neue Polizeiverordnung. Darin versteckt finden sich zwei Absätze, welche die Jugend aus dem Zürcher Oberland auf die Palme bringt. So gelten neu deutlich restriktivere Regeln zu den Ruhezeiten. Statt wie bisher nach 22 Uhr soll «der Betrieb von Lautsprechern» unter der Woche bereits ab 20 Uhr, am Samstag ab 18 Uhr und am Sonntag gar vollständig verboten sein.
«Gemeinderat schiesst übers Ziel hinaus»
Mit Freunden am See Musik zu hören oder am Sonntag auf dem Balkon bei einer Grillparty den passenden Sound laufen zu lassen, wäre damit verboten. Wer sich nicht daran hält, muss mit einer Busse von 100 Franken rechnen.
Täubert kann das nicht verstehen: «Der Gemeinderat meint es gut, aber er ist völlig über das Ziel hinausgeschossen.» Treffen am Seequai gehörten seit Jahren zur Jugendkultur von Pfäffikon. Zu diesen Treffen gehörten nicht nur Getränke, sondern eben auch Musik.
Es sei allen klar, dass man sich an Ruhezeiten halten und Rücksicht auf die Anwohner nehmen müsse. Das sei aber mit der bisherigen Polizeiverordnung bereits abgedeckt. Täubert sagt: «Ich verstehe nicht, warum es jetzt plötzlich so früh am Abend ein generelles Verbot braucht.»
Aufruf verbreitete sich rasend schnell
Täubert ist bei einer Durchsicht zur Vorbereitung für die Gemeindeversammlung auf die Paragrafen gestossen. Am Donnerstag veröffentlichte er auf Instagram einen Aufruf an die Jugendlichen, am Montag bei der Gemeindeversammlung die Stimme zu erheben. Das Video wurde dutzendfach geteilt – und landete schliesslich auch bei David Probst (18).
Für den Maturanden ist sofort klar: Diese Neuregelung darf nicht durchkommen. «Wenn das durchkommt, werden wir zur stiersten Gemeinde in der Schweiz», sagt er zu Blick. Er hat daher die Informationen via Whatsapp und Instagram weiterverbreitet: «Die Reaktionen darauf waren heftig.»
Dominic Täubert sagt: «Es ist schwierig zu sagen, wie viele kommen werden. Aber wir gehen davon aus, dass wir Gewicht haben. Wir wollen gehört werden – und dafür sorgen, dass die Verordnung unsere Anliegen berücksichtigt.»
Dass das geht, zeigte Blick bereits im vergangenen Jahr auf. Gemeindeversammlungen sind oft so schlecht besucht, dass bereits die Mobilisierung einiger Dutzend Personen reicht, um ein Geschäft zu Fall zu bringen. Das könnte auch diesmal funktionieren. «Es werden wohl deutlich mehr Junge anwesend sein als normalerweise», sagen Täubert und Probst.
Gemeinde versteht Aufregung nicht
Bei der Gemeinde Pfäffikon ist die Aufregung um die neuen Verordnungen nicht nachvollziehbar. Gemeindepräsident Marco Hirzel sagt zu Blick, man wolle mit der neuen Verordnung lediglich eine Vereinheitlichung mit den Nachbargemeinden vornehmen. «Die alte Verordnung stammt aus dem Jahr 2002. Eine Revision ist daher unumgänglich.»
Dafür habe man alle Parteien angehört. Dass nun plötzlich Hektik in den sozialen Medien aufkomme, findet Hirzel «doch etwas überraschend». Denn: «Wir wollen die Jungen nicht vom See vertreiben.»
Die Polizei werde die neuen Verordnungen wie etwa das Lautsprecherverbot mit gesundem Menschenverstand durchsetzen, sagt Hirzel. «Die Formulierungen in der Verordnung sind bewusst explizit gewählt. Es gibt aber immer noch einen gewissen Handlungsspielraum für die Polizei.»
«Lassen uns nicht einfach einschränken»
In den vergangenen Jahren hätten Lärmklagen stark zugenommen. Daher wolle man der Polizei eine konkrete Handhabe mitgeben. «Besonders am Seeufer gab es immer wieder Treffen, bei denen die Polizei einschreiten musste. Die Rücksicht aufeinander war nicht immer gegeben.»
Ob die Jugendlichen rund um Dominic Täubert das Geschäft zu Fall bringen, wird sich am Montag zeigen. Für Täubert ist dennoch klar: «Wir wollen ein Zeichen setzen. Dass die Anliegen der Jungen zu wenig gehört werden, ist ein systematisches Problem. Aber: Wir lassen uns nicht einfach so einschränken.»