Fast so einfach wie Pizza bestellen: In Zürich muss sich am kommenden Mittwoch ein heute 31-jähriger ehemaliger Kurier der «Vitamintaube» verantworten. Dabei handelte es sich um einen professionell aufgezogenen Drogen-Lieferdienst.
Der Fall vor dem Bezirksgericht Zürich zeigt, dass Drogenhandel heute nicht mehr in Parks und an Strassenecken stattfindet, sondern am Handy. Bei der «Vitamintaube» konnten Konsumentinnen und Konsumenten über den Messengerdienst Telegram mit wenigen Klicks Drogen aller Art zu sich nach Hause bestellen.
Kokain, Ketamin oder Opium: Geliefert im roten Opel
Als der 31-jährige Ingenieur aus der Westschweiz im Frühling 2020 in Zürich verhaftet wurde, war gerade der erste Corona-Lockdown – und er hatte entsprechend viele Kundinnen und Kunden, die zu Hause auf den Kurier im roten Opel warteten.
In seinem Rucksack hatte der Beschuldigte rund ein Dutzend verschiedene Drogen, darunter Kokain, Ketamin, Ayahuasca und Opium, alle in standardisierte Portionen für je 100 Franken verpackt. Online angeboten wurden aber auch Ecstasy und LSD, wie Blick-Recherchen ergaben.
Auf seiner Liste standen eigentlich noch rund 50 Adressen – doch für den «Vitamintaube»-Kurier war die nächste Adresse ein Zürcher Gefängnis, wo er zwei Tage lang bleiben musste. Am Mittwoch muss er sich nun vor dem Bezirksgericht Zürich verantworten.
Bezahlung per Bitcoin
Die Staatsanwaltschaft fordert für den Kurier wegen Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 80 Franken sowie eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten.
Beim Beschuldigten Ingenieur handelt es ich nur um einen «kleinen Fisch». Wer die Hintermänner oder -frauen der «Vitamintaube» sind, ist unklar. Gemäss Anklageschrift zeigten sich diese nie und warben auch die Kuriere per Telegram-Messengerdienst an.
Rumänin dealte mit Drogen
Per Post kamen die Drogen dann zu den Kurieren, die sie an speziell bezeichneten Abholorten entgegennahmen. Bezahlt wurde entweder Bar oder im Voraus mit Bitcoin. Die «Vitamintaube» stürzte nach mehreren Verhaftungen von Kurieren ab, der Lieferdienst wurde eingestellt. Mittlerweile ist er unter anderem Namen aber wieder aufgetaucht.
Ein erstes Urteil rund um das Netzwerk gab es bereits im Frühjahr 2021. Damals wurde eine Rumänin verurteilt, die als Kurierin für den Dienst die Drogen auslieferte. Sie kassierte einen Landesverweis für sieben Jahre und eine bedingte Haftstrafe von 20 Monaten, wie der «Bund» berichtete.
Die Frau erklärte damals vor Gericht, die Kunden würden ihr vom Drogenhändler zugeteilt. Pro Lieferung würden ihr dann fünf Franken gutgeschrieben. Die Drogen, die sie ausliefern sollte, bewahrte sie zu Hause auf und bezog sie regelmässig neu. Der Dienst soll angegeben haben, mit Kurier-Jobs könne man 5000 bis 25'000 Franken verdienen. (nad/SDA)