Beim Koks haben die Schweizer die Nase seit Jahren vorn. In den Top Ten von Europas Städten mit dem höchsten Konsum pro Kopf fanden sich bereits im Jahr 2021 vier Schweizer Städte wieder: St. Gallen lag damals auf Platz 3, Zürich auf Platz 4, Basel auf Platz 6 und Genf auf Platz 9, wie Abwasserstudien zeigten.
«Die Abwasserwerte sind zwar relativ hoch – aber stabil», sagte damals Frank Zobel, Co-Leiter der Forschungsabteilung von Sucht Schweiz, zu Blick. Das bedeute aber nicht, dass sich die Szene nicht verändert habe. Im Gegenteil. «Der Reinheitsgrad sei seit 2015 gestiegen. In vielen europäischen Ländern liegt er bei etwa 70 bis 80 Prozent», erklärte Zobel. Immer weniger Händler streckten das Kokain mit verschiedenen Mitteln, was bedeute, dass sie genügend Koks zur Verfügung haben.
Kein Wunder: In den klassischen Produktionsländern Kolumbien, Peru und Bolivien steigen die Koka-Produktionsflächen seit Jahren massiv an. «Auch die Sicherstellungen der Drogenfahnder in Europa werden immer grösser», sagte Zobel. «Es kommen riesige Mengen nach Europa.»
Jährlich kommen bis zu 3000 Tonnen Kokain nach Europa
Allein 2021 wurden 240 Tonnen Kokain in Europa sichergestellt. Experten, wie der deutsche Forscher Günther Maihold, der zum Themenkomplex Lateinamerika und organisierte Kriminalität forscht, gehen davon aus, dass das von den Behörden sichergestellte Kokain nur rund acht bis neun Prozent des Gesamtvolumens ausmache. Also könnten jährlich 2600 bis 3000 Tonnen Kokain nach Europa kommen.
Davon finden etwa fünf Tonnen Koks den Weg in die Schweiz, so die damalige Schätzung. Dies zeigt eine methodisch gut belegte Studie von Sucht Schweiz aus dem Jahr 2018 auf. «Da es sich um einen Schwarzmarkt handelt, sind dies natürlich nur geschätzte Zahlen. Aber wir gehen aufgrund von Hochrechnungen davon aus, dass diese in etwa stimmen», so Zobel.
«Es gibt steigende Anfragen für eine Suchtbehandlung»
Rund 20 Prozent der Konsumenten schnupfen rund 80 Prozent des importierten Kokains. Zobel zu Blick: «Das sind die Intensivkonsumenten. Sie bestehen etwa zur Hälfte aus Drogenabhängigen, die neben Heroin und anderen Substanzen auch noch Kokain nehmen, und zur anderen Hälfte aus eher bürgerlichen Personen aus der Arbeitswelt, die sogenanntes Kokain-Doping betreiben.»
Die restlichen Konsumenten würden Kokain hauptsächlich in ihrer Freizeit ziehen, jedoch unregelmässig. «Es gibt heute steigende Anfragen für eine Suchtbehandlung im Zusammenhang mit Kokain», so Zobel. «Das widerspiegelt die Zunahme des Kokainkonsums in der Schweiz während der letzten Jahre.»