Keine Kontakte. Kein Ausgang. Kein Händeschütteln. Einigeln und ausharren – bis das Virus besiegt ist. Die Corona-Regeln gelten universal und für alle. Gemeinsam ist man einsam, gemeinsam wird die Pandemie bekämpft. Ausser, man heisst Kanye West (43). Dann setzt man sich in seinen Privatjet und fliegt um die ganze Welt. Um über Architektur zu sprechen.
Vergangene Woche landete der US-Rapper in Zürich, fuhr nach Graubünden, um den Architekten Valerio Olgiati (62) zu treffen. Der Promi schaute sich Häuser an, dinierte mit Entourage im Toprestaurant Casa Casutt, spielte Brettspiele. Klingt harmlos. Bloss hätte Kanye West gar nicht in der Schweiz sein dürfen! Als US-Bürger gehört er einem Drittstaat an, und für diese gilt ein Einreiseverbot.
Wenige Ausnahmen erlaubt
Um eine Ausnahmebewilligung zu bekommen, muss sich eine Person «in einer Situation der äussersten Notwendigkeit befinden und daher zwingend auf eine Einreise in die Schweiz angewiesen» sein, heisst es dazu in der Weisung des Staatssekretariats für Migration (SEM) vom 9. November. Ein Grund: die «Wahrnehmung von gerichtlichen oder nicht aufschiebbaren geschäftlichen Terminen», die «eine persönliche Anwesenheit erfordern».
War das bei West der Fall? Das Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) sagte am Freitag zu BLICK: «Ob die Person letztlich über eine Schengenaussengrenze in die Schweiz einreisen kann, obliegt den Grenzkontrollbehörden. Sie prüfen, ob die genannten Bedingungen erfüllt sind.»
Kapo weist SEM-Kritik zurück
Die Behörde spielte den Schwarzen Peter der Zürcher Kantonspolizei zu. Dort zeigt man sich erstaunt. «Der Bund stellt die Regeln auf, wir müssen nach diesen handeln», sagte die Kapo am Sonntag auf BLICK-Anfrage. «Die Weisung des SEM besagt, in welchen Fällen eine Sondererlaubnis ausgestellt werden muss. Eine Ausnahme muss beispielsweise genehmigt werden, wenn nicht aufschiebbare geschäftliche Termine in der Schweiz wahrgenommen werden müssen. Dies war beim Gesuchsteller der Fall.»
Kanye West habe einen Geschäftstermin wegen eines geplanten Bauvorhabens geltend gemacht, ein Brief eines Architekten lag dem Gesuch bei. «Damit war eine Ausnahmeregel des SEM erfüllt, und wir mussten den Gesuchsteller einreisen lassen.» Ob das Gesetz in dem Fall Sinn gemacht habe, will man nicht kommentieren.
«Bund soll Regelwerk verschärfen»
Deutlicher wird dafür ihr Chef, Mario Fehr (62). Der Vorsteher der Zürcher Sicherheitsdirektion sagt: «Solange die Corona-Situation andauert, sollte der Bund dieses Regelwerk inklusive der Ausnahmen verschärfen.»
Sauer stösst das Ganze dem Bündner SP-Nationalrat Jon Pult (36) auf: «Was Kanye West in der Schweiz gemacht hat, weiss ich nicht. Aber wenn er wirklich nur Häuser angeschaut und sich mit dem Architekten getroffen hat, finde ich die Sondergenehmigung extrem störend. Da kommt ein Millionär angeflogen und sofort wird eine Ausnahme gemacht.»
Valerio Olgiati soll für West zwei Wohnhäuser, eine Privatschule und eine ganze Stadt bauen. Laut «Bündner Tagblatt» wird er deshalb in die USA reisen, um das Bauland zu begutachten. Ob der Schweizer von den Amerikanern auch so leicht durchgewinkt wird?