Mord, Raub, Vergewaltigung: Wer im Gefängnis Pöschwies in Regensdorf ZH sitzt, muss oft längere Zeit hinter Gittern verbringen. Um sich die Zeit zu vertreiben oder sich zu bilden, hat das Gefängnis eine eigene Bibliothek.
Knapp 6000 Bücher stehen den etwa 400 Insassen zur Verfügung. Die meisten interessieren aber offenbar nicht sonderlich. Rund 4600 Bücher wurden noch kein einziges Mal bestellt, wie eine Auswertung vom «Tages-Anzeiger» zeigt. Dafür gibt es Titel, die so gut wie immer vergriffen sind.
Besonders gefragt sind diese Bücher in der Pöschwies:
- «Fotres» von Frank Urbaniok
- «Praktisches Wörterbuch» von Langenscheidt
- «Fit ohne Geräte» von Mark Lauren & Joshua Clark
- «Names of Allah» von Osman Nuri Topbash
- «StGB & StPo Schweizerisches Strafgesetzbuch & Strafprozessordnung» von Christian Schwarzenegger
- «Strafrecht & Kompendium» von Marcel Alexander Niggli
- «Alles was Recht ist» von Zürcher Anwaltsverband
- «Arabisch für Dummies» von Clara Seitz
- «Kompaktwörterbuch» von Pons
- «Grosswörterbuch» von Pons
Straftäter studieren Methode für Risikoeinschätzung
Dass sein Buch auf Platz 1 ist, freut Frank Urbaniok (62). «Ich finde es gut, wenn Betroffene verstehen, wie Fotres funktioniert, und es ihnen hilft, an sich zu arbeiten», sagt er zum «Tages-Anzeiger». In seinem Buch erläutert der Zürcher Psychiater seine Methode, um das Rückfallrisiko von Straftätern einzuschätzen.
Konkret geht es um das Forensisch Operationalisierte Therapie- und Risiko-Evaluations-System, kurz Fortres. Offenbar wollen die Häftlinge vorbereitet sein und wissen, wie sie eine gute Beurteilung bekommen, um früher rauszukommen.
Drei Bücher pro Monat können ausgeliehen werden
Auch sonst finden sich eher praktische Bücher unter den Top 10. Aber auch Romane und Krimis werden gerne gelesen. Besonders die Horror-Geschichten von Stephen King sind beliebt unter den Insassen. Darunter zum Beispiel «Das Attentat» oder «Der Anschlag».
Es wird zwar gelesen, aber zu wenig, findet Justin Fisch, stellvertretender Leiter Bildung und Freizeit und unter anderem für die Bibliothekare zuständig. «Die Ausleihzahlen sind leider tief», so Fisch zum «Tages-Anzeiger». Drei Bücher pro Monat können die Gefangenen ausleihen und nochmal um einen Monat verlängern, wenn sie wollen.
Um das Sortiment ständig zu vergrössern, braucht es Buchspenden. Aber nicht alles wird ungeprüft genommen. Fisch: «Religiöse Bücher prüfen wir besonders genau, um Radikalisierungen aller Art entgegenzuwirken.» (jmh)