Wie in vielen Bereichen der Wirtschaft sind auch unter den Professuren Frauen stark untervertreten. Warum? Zwei renommierte deutsche Professorinnen, die Ökonomin Margit Osterloh (79) und die Soziologin Katja Rost (47), versuchten mit einer Studie in der Schweiz die Antwort zu finden.
Für ihre Studie, über die die «Sonntagszeitung» berichtet, befragten sie fast 10’000 Studierende der Uni und ETH Zürich über ihre Karriereambitionen, ihr Familienbild, die Partnerwahl und weitere Themen.
Das Resultat überrascht: Der Grund, weshalb Frauen kaum in Führungspositionen anzutreffen sind, ist nicht etwa Benachteiligung – dafür gebe es keinerlei Hinweise –, sondern dass Frauen dies viel weniger anstrebten als Männer.
So wünschten sich die meisten Studentinnen einen Partner, der älter und erfolgreicher ist als sie. Sind Kinder da, soll er für das Haupteinkommen sorgen, sie will Teilzeit arbeiten. Für die Studienautorinnen ist deshalb klar: Die Untervertretung ist selbstgewollt.
«Diskriminierung einreden»
An der Uni Zürich sind fast 60 Prozent der Studierenden Frauen, der Anteil weiblicher Professoren liegt aber bei nur 24 Prozent. Die Studie besagt, dass Frauen in sogenannten «Frauenfächern» (Psychologie, Tiermedizin, Soziologie, Erziehungswissenschaft) eher dem traditionellen Familienbild zugeneigt sind und weniger Karriereambitionen haben. Nur 19 Prozent von ihnen wollen auch mit Kind Vollzeit arbeiten. Im Gegensatz zu Studentinnen in «Männerfächern» (Physik, Informatik, Ingenieur), wo 39 Prozent auch mit Kind Vollzeit arbeiten wollen.
Einige Resultate werfen auch Fragen auf. Obwohl aus keinen Antworten hervorgeht, dass Studentinnen aufgrund ihres Geschlechts je einen Nachteil erfahren haben, beantworteten sie auf die konkrete Frage nach einer Benachteiligung als Frau mit «Ja». Margit Osterloh: «Ich kann mir das nur damit erklären, dass den Frauen ständig eingeredet wird, sie würden diskriminiert.» Sie hätten dies verinnerlicht, auch wenn sie das selber nie so erlebt hätten.
Losverfahren statt Quoten
Auch zum Thema Quoten nehmen die Autorinnen Stellung: «Quoten und andere Vorzugsbehandlung von Frauen führen nicht zu mehr Lebenszufriedenheit, dafür zu einer Diskriminierung von ambitionierten Männern.»
Die Professorinnen stellen aber ein neues Berufungsverfahren für Professuren zur Diskussion: Unter den qualifizierten Bewerbungen soll das Los entscheiden, weil sich viele Frauen nicht gern dem Wettbewerb mit Männern aussetzten. Auch erachten sie es als Hilfe, wenn für Doktorandinnen mit Kindern die strikten Abgabefristen gelockert würden.
Es habe sie «schlichtweg umgehauen», als sie das Resultat der Studie gesehen habe, sagt Margit Osterloh gegenüber der «Sonntagszeitung». Osterloh ist die ehemalige Präsidentin der Gleichstellungskommission der Uni Zürich. Die aktuelle Präsidentin ist Studienmitautorin Katja Rost. (gf)