Stimmen die Vorwürfe, ist Azad T.* (42) einer der übelsten Zürcher Sexualstraftäter der letzten Jahre: Wie ein Raubtier soll der Chauffeur in der Nacht vor Clubs wie Jade, Aura oder Hive auf Frauen gelauert haben, die unter Alkohol oder anderen Substanzen standen und sich nicht mehr gegen ihn wehren konnten. Dann soll er die orientierungslosen Opfer mit dem Auto entführt und sich an ihnen vergangen haben. Am Montag stand der Schweizer Familienvater mit Wurzeln im Irak vor dem Bezirksgericht Zürich.
Die Anklage: Schändung, Freiheitsberaubung und Entführung! Geht es nach der Staatsanwältin, wandert T. dafür elf Jahre hinter Gitter.
«Ich habe nichts gemacht, was die Frauen nicht wollten»
Acht Fälle mit neun Opfern hat die Staatsanwaltschaft seit 2013 dokumentiert. Bei allen ist das Vorgehen des mutmasslichen Täters ähnlich. Eines der Opfer (damals 25) erbrach sich beispielsweise in der Nacht auf den 20. Mai 2018 bei der Hardbrücke auf die Strasse. Die Frau spürte ihre Arme nicht mehr, stand wohl unter dem Einfluss von K.-o.-Tropfen. Dann bot Azad T. seine Hilfe an.
Von den folgenden Stunden blieben beim Opfer nur Bruchstücke von Erinnerungen. Erinnerungen von sexuellen Handlungen im Auto. Andere Privatklägerinnen beschrieben das Gleiche: Plötzlich wurde ihnen schlecht oder sie verloren das Bewusstsein, landeten irgendwie im Auto des Beschuldigten – wo gegen ihren Willen teilweise ungeschützter Geschlechtsverkehr vollzogen wurde.
Azad T. erschien mit T-Shirt und Männerdutt vor Gericht, antwortete auf Fragen einsilbig. Und bestritt alle Vorwürfe. «Ich habe nichts gemacht, was die Frauen nicht wollten», sagte er, flankiert von zwei Polizisten.
Opfer seien keine «Kinder von Traurigkeit»
Warum ihn gleich mehrere Frauen nach freiwilligem Sex plötzlich eines Verbrechens bezichtigen sollten, wollte das Gericht wissen. Und ob ihn nicht gestört hatte, dass manche der Frauen voll mit Erbrochenem waren. «Die Frauen waren gut drauf, vielleicht sahen sie es am nächsten Tag einfach anders», so der Beschuldigte.
Sein Verteidiger plädierte dann auch auf Freispruch. Jahrelang habe die Zürcher Polizei nach einem Phantom gesucht, das sich immer wieder an Frauen vergeht. Und habe sich zu Unrecht auf seinen Mandanten eingeschossen, der nun seit 2018 im Gefängnis sitzt. «Er wurde lange von der Polizei überwacht, sogar mit GPS, dabei fand man keine K.-o.-Tropfen, nichts», so der Verteidiger. Die Opfer hingegen seien keine «Kinder von Traurigkeit» und hätten am Tag danach vielleicht einfach eine Ausrede gesucht. Der Prozess geht am 16. Juli weiter.
* Name geändert