Sie hatte offenbar keine Ahnung vom rechtsextremen Hintergrund ihrer Social-Media-Verantwortlichen und steht weiter zu ihnen. Die Rede ist von Maria Wegelin (44), Präsidentin der SVP Winterthur. Der SonntagsBlick enthüllte am Wochenende, dass Wegelin zwei führende Köpfe der rechtsextremen Organisation Junge Tat für ihren Online-Wahlkampf engagierte.
Die beiden Wahlhelfer Tobias L.* (21) und Manuel C.* (23) wurden einst wegen Rassendiskriminierung verurteilt und mehrmals festgenommen. Weitere Strafverfahren gegen sie laufen noch. Selbst der Nachrichtendienst des Bunds beobachtet die Junge Tat. Für Wegelin dichten L. und C. Slogans wie «Grenzschutz ist Heimatschutz» oder «Die Überfremdung muss gestoppt werden!»
Wegelin hält zu Wahlhelfern
Nachdem die Zusammenarbeit bekannt geworden war, hagelte es Rücktrittsforderungen in Richtung Wegelin. Der Hauseigentümerverband (HEV), der sie zur Wahl empfiehlt, stellte der SVP-Kaderfrau ein Ultimatum. Nun spricht Wegelin erstmals öffentlich über die beiden Wahlhelfer. «Dass sie von der Jungen Tat waren, hat mich nicht interessiert», sagt die 44-Jährige im Interview mit der «NZZ». Der Grund: Sie habe zuvor keine Ahnung gehabt, um was für eine Gruppierung es sich handle. «Da kann man mir Naivität vorwerfen, aber für Dummheit kann ich ja nicht belangt werden.»
Angefangen habe die Zusammenarbeit vergangenen Sommer, als Wegelin L. und C. an einem öffentlichen Anlass kennenlernte. Man habe «gewisse Gemeinsamkeiten» gehabt. Die beiden Männer seien ihr «als Typen sympathisch» gewesen. Selbst heute sagt die SVP-Frau, dass die beiden eine «super Arbeit» für sie machen würden.
Sie steht nach wie vor zur Zusammenarbeit: «Ich habe nichts verbrochen. Gegen mich läuft kein Strafverfahren, ich habe keine problematischen Aussagen gemacht.» Hinter den Slogans der beiden Wahlhelfer stehe sie immer noch. Wegelin distanziere sich zwar von Rechtsextremismus – «vehement», wie sie betont – allerdings nicht von L. und C. Die beiden Männer hätten ihr versichert, sie seien «nicht gewalttätig und auch nicht rechtsextrem».
Nach der SonntagsBlick-Enthüllung habe Wegelin das Gespräch mit den beiden Männern gesucht. Demnach haben L. und C. ihr gesagt, dass sie sich von «ihren Jugendsünden» öffentlich distanziert hätten. Wegelin gab sich damit zufrieden: «Jeder macht mal einen Seich im Leben.» Die Verurteilungen und laufenden Strafverfahren seien für sie auch kein Grund, um ihren Auftrag zurückzuziehen.
Selbst der Gegenwind, dem sie nun ausgesetzt ist, hindere sie nicht daran, ihren Wahlkampf so weiterzuführen wie bisher. Das Ultimatum des HEV sei «eine Erpressung», auf die sie nicht eingehen werde. Und ein Rücktritt als Winterthurer Parteipräsidentin komme für sie nicht infrage. Wegelin würde erst gehen, wenn man ihr beweisen könne, dass sie «etwas strafrechtlich Relevantes getan oder problematische Inhalte geteilt habe». (bab)
* Namen bekannt