Jugendliche gehen gegen Gemeinderat auf die Barrikaden
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Wegen geplantem Musik-Verbot:Stürmen Jugendliche die Gemeindeversammlung?

Puff wegen Musikverbot in Pfäffikon ZH
Gemeinde knallt der Jugend die Tür vor der Nase zu

Am Montagabend wird die Gemeindeversammlung von Pfäffikon ZH kurzfristig abgesagt – wegen zu vieler Teilnehmer. Experten können den Frust der Einwohner verstehen. War das überhaupt rechtens?
Publiziert: 16.06.2021 um 00:53 Uhr
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Aktualisiert: 16.06.2021 um 07:32 Uhr
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Am Montag wurde in Pfäffikon ZH die Gemeindeversammlung kurzfristig abgesagt.
Foto: Sven Ziegler
Sven Ziegler

Musik hören am Samstagabend am See? Nicht mehr erlaubt. Hintergrundmusik beim Sonntagsbrunch? Verboten. Geht es nach dem Gemeinderat von Pfäffikon ZH, soll das bald Realität werden. Statt wie bisher nach 22 Uhr soll «der Betrieb von Lautsprechern» unter der Woche bereits ab 20 Uhr, am Samstag ab 18 Uhr und am Sonntag gar vollständig verboten sein.

Dagegen wehren sich junge, aber auch viele ältere Personen. Am Montagabend marschieren bei der Gemeindeversammlung so viele Menschen auf, dass der Saal innert Kürze voll ist. Dutzende Personen müssen draussen warten. Dann entscheidet sich der Gemeinderat, die Veranstaltung kurzfristig zu verschieben.

Ärger «nachvollziehbar»

Die Bevölkerung ist über den Entscheid wenig erfreut. Ein junger Pfäffiker meint: «Der Gemeinderat wusste wohl, dass die neue Verordnung abgeschmettert werden würde. Daher kommt ihnen die Verschiebung wohl gelegen.» Eine Frau sagt: «Die Abstimmung wurde vom Gemeinderat verhindert.»

Politologie-Professor Marc Bühlmann (49) kann den Ärger der Bevölkerung verstehen. «Es ist bekannt, dass umstrittene Geschäfte meist zu einem grossen Aufmarsch von Personen führen», sagt er zu Blick. Der Gemeinderat hätte daher wohl erahnen können, dass mehr Leute als normalerweise zur Versammlung erscheinen würden.

Kurzfristige Verschiebung nicht möglich

Deshalb hätte man bereits frühzeitig auf einen grösseren Saal setzen können. Am Tag der Abstimmung selbst sei das allerdings schwierig. «Ausser es kann sichergestellt werden, dass alle Stimmbürger am richtigen Ort landen», so Bühlmann.

Gemeindepräsident verteidigt Vorgehen

Gemeindepräsident Marco Hirzel verteidigt das Vorgehen gegenüber Blick. Der Gemeinderat sei sich nicht bewusst gewesen, dass das Geschäft auf derart grosses Interesse stossen würde. «Ansonsten hätten wir die Veranstaltung an einem geeigneteren Ort stattfinden lassen.»

Dass die Gemeinde absichtlich mit dem Risiko gespielt habe, die Versammlung und damit eine mögliche Niederlage zu verhindern, verneint Hirzel. «Das bringt niemandem etwas – die Versammlung wird stattfinden!»

Beim Entscheid habe man sich an der Gemeindeordnung des Kantons orientiert. Darin ist festgehalten, dass der Gemeindepräsident eine Versammlung schliessen kann, «wenn die Ordnung nicht hergestellt werden kann».

«So schwierig ist eine Verschiebung wohl nicht»

Das beinhalte auch, dass jeder Stimmbürger seine Stimme abgeben könne, sagt Vittorio Jenni vom Gemeindeamt des Kantons Zürich. Könnten Personen aus Platzgründen nicht an der Veranstaltung teilnehmen, sei eine ordnungsgemässe Durchführung nicht möglich. «In diesem Fall muss die Gemeindeversammlung abgesagt werden», so Jenni.

Eine Veränderung des Resultats in zwei Wochen erwartet niemand. Gemeindepräsident Marco Hirzel: «Ich gehe davon aus, dass auch in zwei Wochen viele Leute auftauchen – die Jungen werden wohl gewinnen.»

Tröstlich ist das für die wenigsten. Vor dem Saal spricht am Montag eine Frau laut aus, was viele zu denken scheinen: «Es war klar, dass viele Leute herkommen würden. Man hätte daher auch einen anderen Ort suchen können. So schwierig ist das wohl nicht.»

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