Ein Algerier sass wochenlang lang in einem Basler Gefängnis. Warum wusste er offenbar nicht. Denn er soll nie einen Strafbefehl bekommen haben. Laut dem «Beobachter» kein Einzelfall. Immer wieder kommt es bei den Behörden zu Fehlern. In einem anderen Fall soll eine falsche Person beschuldigt worden sein, bei einem dritten Fall wurde gar eine Person verwechselt.
Solche Vorgehen treffen vor allem sozial schwächere und ausländische Personen, die das Schweizer Rechtssystem nicht kennen oder der Sprache nicht kundig seien. Diese Menschen könnten sich schlechter gegen Fehlurteile wehren und würden zu Unrecht kriminalisiert oder gar ihrer Freiheit beraubt, berichtet der «Beobachter».
Per Plakat gratuliert
Solche Missstände im Strafbefehlsverfahren wurden von einem aktuellen Nationalfonds-Projekt wissenschaftlich bestätigt. Um darauf aufmerksam zu machen, hat die «Beobachter»-Redaktion, die wie Blick zum Ringier-Verlag gehört, den Negativpreis Fehlbefehl ins Leben gerufen. Dazu begutachtete eine Jury aus drei ausgewiesenen Strafrechtsexperten sechs Strafbefehldossiers. Die Fälle waren zuvor von der Leserschaft als stossende Strafbefehle aufgefasst und an die Redaktion des «Beobachter» gesendet worden.
Die Jury entschied sich für einen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis, bei dem ein Beschuldigter ohne genauere Abklärungen verurteilt wurde. Damit einher ging die Legitimation für zwei Tage Haft.
Da die Staatsanwaltschaft den Preis nicht entgegennehmen wollte, wurde er ihr an ihren Sitz gebracht und ihr mittels angemieteter Plakatfläche gratuliert. Auf dem Plakat steht: «Unschuldiger sitzt zwei Tage in Haft – wir gratulieren der Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis zum Fehlbefehl 2023 – dem Preis für den stossendsten Strafbefehl des Jahres.» (hei)