Immer wieder muss die Beschuldigte im Gerichtssaal gegen ihre Tränen ankämpfen. Fast fünf Monate sass sie in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: Über Jahre soll sie ihre beiden Söhne misshandelt haben. Die häusliche Gewalt flog auf, weil der ältere der beiden Söhne in der Schule davon erzählte. Die «Neue Zürcher Zeitung» hat die Verhandlung protokolliert.
Acht Jahre lang soll der ältere Sohn «nahezu wöchentlich» Gewalt erfahren haben. Er war 5, als es anfing, 13 als es aufhörte. Der jüngere Sohn soll in einem Zeitraum von 5 Jahren von seiner Mutter geschlagen worden sein, zwischen dem ersten und dem sechsten Lebensjahr. «Mit voller Wucht» und mit offener Hand soll die Angeklagte Gesicht, Oberkörper und Gesäss ihrer Söhne malträtiert haben. Damit nicht genug, wurde der ältere Sohn obendrein von ihr immer wieder mit Tritten traktiert. Die Ausländerin soll auch nicht aufgehört haben, als er schon am Boden lag. Die Anklageschrift zählt ferner Schläge mit einem Gürtel «etwa drei bis vier Mal pro Monat» sowie Attacken mit einem Staubsaugerrohr und einer Fliegenklatsche auf.
Frau weint im Gerichtssaal
Einmal soll der Sohn vor der Mutter geflüchtet und dabei auf die Bettkante gestürzt sein. Er kam mit einem blauen Auge davon. Der ältere Sohn gab an, sein jüngerer Bruder habe einmal zu ihm gesagt, er habe Angst, dass seine Mutter ihn töten wolle. Er selbst, so der Ältere, habe sich gefürchtet, nach der Schule nach Hause zu kommen.
Die Beschuldigte gibt sich im Saal des Bezirksgerichts Winterthur reuig, bedauert, was sie getan hat. «Meine Kinder sind das Glück meines Lebens», sagt sie. «Es gibt keinen Tag, an dem ich nicht weine.»
Was die Taten angeht, gibt sie nur zu, den älteren Sohn mit der offenen Hand geschlagen zu haben, aber nie ins Gesicht und ohne andere Tatwerkzeuge. Den Jüngeren will sie nicht angerührt haben.
Kein Landesverweis
Ihr Verteidiger erklärt, die Frau habe freiwillig und erfolgreich eine Therapie absolviert. Ein psychiatrisches Gutachten bescheinigt ihr, dass sie sich zum Zeitpunkt der Taten in einer «mittelgradigen depressiven Episode» befunden habe und mit der Situation überfordert gewesen sei.
Das Gericht verzichtet auf einen Landesverweis. Die Frau wird der einfachen Körperverletzung und der Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht schuldig gesprochen und zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt. Beiden Kindern muss sie eine symbolische Genugtuung von 300 Franken zahlen. Sie habe ihren Willen gezeigt, es in Zukunft besser zu machen, so das Gericht. (nad)