Nicht nur die jüdische Gemeinschaft leidet seit dem Attentat auf einen orthodoxen Juden in Zürich – sondern auch die muslimische. Denn immer wieder wird Islamismus fälschlicherweise mit dem Islam gleichgesetzt.
«Wir verurteilen das Attentat zutiefst. Es schadet uns als Muslimen massiv», betont Imam Fahredin Bunjaku in einem Interview mit der «NZZ». Der 15-jährige islamistische Täter soll seine Moschee besucht haben. Weshalb, weiss der Imam nicht – er betont, dass er sich stets gegen Salafisten wehrt. «Die Radikalen hassen mich deswegen.»
Weiter erklärt der Imam: «In seiner Rede bedroht der Attentäter andere Muslime wie mich, die den Kontakt mit Christen und Juden suchen. Und jetzt soll ich ein radikaler Imam sein? Ich kann seit Tagen nicht mehr schlafen.» Auch die Jugendgruppen unter seiner Leitung seien zutiefst betroffen: «Sie sind niedergeschlagen, weil sie nun in einem derartigen Licht erscheinen.»
«Nicht besonders freundlich und ein Einzelgänger»
Bunjaku fand durch die Polizei heraus, dass der 15-Jährige seine Moschee besuchte. Selbst mit ihm geredet habe er nie. Nach dem Attentat erfuhr er aber: «Anscheinend besuchte er die Treffen einer externen Jugendgruppe, die sich in unserer Moschee trifft. Soweit mir bekannt ist, war die Jugendgruppe unauffällig.»
Es soll sich um junge Leute arabischer und afrikanischer Herkunft handeln, die fragten, ob sie im Gebetshaus den Koran lehren dürften. Bunjaku erlaubte es, forderte sie aber dazu auf, sich an die Regeln zu halten. Selbst mit dabei war er bei den Treffen nicht.
Aus der Gebetsgruppe des 15-Jährigen soll der Imam aber erfahren haben, dass der Täter «nicht besonders freundlich und ein Einzelgänger» war. Auch andere Jugendliche berichteten ihm Ähnliches. «Sie erzählten mir, dass der Junge psychisch auffällig war. Er habe etwa nicht mit anderen geredet. Sein Verhalten schien etwas sonderbar.» Beispielsweise habe er Chips oder ein Sandwich in der Moschee gegessen. Ein anderes Mal soll er sich im Gebetsort die Haare geföhnt haben. «Er benutzte dazu offenbar einen Föhn, den er selber mitgebracht hatte.» (mrs)