Das Bezirksgericht Bülach hat am Donnerstag eine Kantonspolizistin und einen -polizisten zu bedingten Geldstrafen verurteilt. Die beiden standen vor Gericht, weil sie ohne Bewilligung die Wohnung einer kosovarischen Familie kontrolliert hatten.
Der Kantonspolizist (34) erhielt wegen Amtsmissbrauchs, Hausfriedensbruchs und Tätlichkeiten eine bedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 120 Franken, dazu eine Busse von 500 Franken.
Seine Kollegin (30) wurde mit einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 100 Franken bestraft. Eine Busse erhielt sie nicht, weil sie im Gegensatz zu ihrem Kollegen nicht gegen den kosovarischen Familienvater tätlich wurde.
Ihr Kollege hatte dem 33-Jährigen den Arm auf den Rücken gedreht, als dieser die Uniformierten nicht in die Wohnung lassen wollte. Das Gericht folgte mit seinem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft, das ebenfalls bedingte Geldstrafen und im Falle des Polizisten zusätzlich eine Busse gefordert hatte.
Polizisten suchten nach Raser
«Sie haben beide eine Polizeiausbildung», sagte der Richter bei der Urteilseröffnung. «Als Polizisten hätten sie wissen müssen, dass sie ohne Bewilligung keinen Zugang zur Wohnung gehabt hätten.»
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Der Polizist und die Polizistin wollten keine Aussagen machen und liessen ihre Anwälte reden. Diese vertraten die Haltung, dass es für eine solche Kontrolle keinen Durchsuchungsbefehl brauche. Die Polizisten hätten von der Staatsanwaltschaft den Auftrag erhalten, so rasch wie möglich einen Raser zu finden – den Bruder jenes 33-jährigen Mannes, der die Türe öffnete. Der Bruder des Mannes befand sich zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht in der Wohnung.
Polizisten drangen ohne Bewilligung in Wohnung ein
Die Kontrolle der Wohnung fand im April 2020 frühmorgens um sechs Uhr statt. Ziel war es, den Entsperrungscode für das eingezogene Handy des Bruders zu erfahren, denn auf einer Navigations-App dieses Handys war eine Raser-Fahrt mit einem Motorrad gespeichert.
Weil Inhalte der App von aussen gelöscht werden könnten, sei für die Staatsanwaltschaft «Gefahr im Verzug» gewesen, es habe also zeitlichen Druck gegeben. Deshalb seien die Polizisten überzeugt gewesen, dass sie ohne Bewilligung in der Wohnung nach dem Bruder suchen könnten. Diesen zeitlichen Druck erkannte das Gericht jedoch nicht, denn der Raser hatte sein Delikt da bereits gestanden.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es kann noch weitergezogen werden. Der Polizist arbeitet nach wie vor bei der Kantonspolizei, aber auf einem anderen Posten. Was die Verurteilung für seine Anstellung bedeutet, ist noch offen. Seine Kollegin wollte keine Angaben über ihren derzeitigen Arbeitgeber machen. Es blieb also offen, ob sie noch als Polizistin arbeitet. (SDA)