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Florent M. raste im Ferrari in Dietikon ZH – und wurde in den Kosovo ausgewiesen
«Weiss nicht, wie ich sechs Jahre hier überstehen soll»

Florent M.* (26) ist Ende Mai 2021 mit seinem blauen Ferrari von Dietikon ZH nach Spreitenbach AG unterwegs und crasht. Bis zuletzt wehrt sich der Kosovare gegen einen Landesverweis und zieht bis vor Bundesgericht. Erfolglos.
Publiziert: 04.01.2025 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 04.01.2025 um 11:12 Uhr
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So sah der Bolide von Florent M. vor dem Crash aus.
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Auf einen Blick

  • Kosovare rast mit Ferrari und wird ausgeschafft. Kampf vor Gericht erfolglos
  • Florent M. bereut Raserei und hofft auf Rückkehr in die Schweiz
  • Sechs Jahre Landesverweis nach Unfall mit mindestens 100 km/h statt 60 km/h
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Es ist ein Samstag, kurz vor 19 Uhr, als Florent M.* (heute 26) Ende Mai 2021 in seinen blauen Ferrari FF Novitec steigt. Der junge Mann gibt Gas, der Bolide heult auf. Über die Überlandstrasse fährt er von Dietikon ZH in Richtung Spreitenbach AG. In einer Rechtskurve – auf der Höhe der Einmündung zur Weiningerstrasse – passiert es: Weil der Kosovare zu schnell unterwegs ist, kommt er mit seiner Luxuskarosse ins Schleudern – und prallt rückwärts gegen eine Mauer!

Florent M. bleibt unverletzt. Sein Bolide: Schrott. Bilder zeigen, dass vor allem das Heck in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die Kantonspolizei Zürich hält damals in einer Mitteilung fest: «Wegen des Unfalls musste die Strasse für rund zwei Stunden gesperrt werden

Kampf vor Gericht

Blick-Recherchen zeigen nun: Die Raserei hat für Florent M. bittere Konsequenzen, er wurde in den Kosovo ausgeschafft! Über drei Jahre lang kämpfte er für sein Bleiberecht in der Schweiz – erfolglos. Rund ein Jahr nach dem Crash sprach das Bezirksgericht Dietikon M. wegen der qualifizierten groben Verkehrsverletzung schuldig und bestrafte ihn mit 43 Monaten Freiheitsstrafe. Von einer Landesverweisung sah das Bezirksgericht ab. Gemäss Unterlagen war Florent M. statt 60 km/h mit mindestens 100 km/h unterwegs und hinterliess eine Schleuderspur von rund 170 Metern. M. anerkannte im Beisein seines Verteidigers, gar 120 km/h gefahren zu sein. Dies ist ebenfalls aus den Gerichtsunterlagen zu entnehmen.

Doch mit diesem Urteil waren weder Florent M. noch die Zürcher Staatsanwaltschaft zufrieden. Beide zogen es weiter. Das Obergericht Zürich anerkannte im Juli 2023 den Schuldspruch der Vorinstanz – ging aber im Urteil einen Schritt weiter: Es sprach aufgrund des Raser-Artikels einen Landesverweis von sechs Jahren aus.

Unglücklich darüber ging Florent M. vor Bundesgericht – und verlor. Im Urteil vom 7. Oktober 2024 bestätigt das höchste Gericht der Schweiz den Landesverweis. Es hält unter anderem fest: «Massgebend ist im vorliegenden Fall das öffentliche Interesse an der Landesverweisung.» Heisst: Das Gericht stuft Florent M. als Gefahr ein. Florent M. kritisierte den sechsjährigen Landesverweis. Das Bundesgericht sagt hierzu jedoch: «Die ausgesprochene Dauer von sechs Jahren erweist sich als bundesrechtskonform.»

Auch geht aus den Gerichtsunterlagen – anders als aus der Polizeimeldung – hervor: Kurz vor dem Unfall ist es wohl zwischen dem Ferrari-Fahrer und dem Lenker eines «leistungsstarken Personenwagens» – wohl einem BMW – zu einem kurzen Wettstreit gekommen. Die Fahrer verwehrten sich beim Einspuren gegenseitig den Vortritt.

«Ungerechtes» Urteil

Nun spricht Florent M. mit Blick über das Verfahren, den Landesverweis. Er gibt zu, dass der Ferrari ihm gehörte. Zum Unfallzeitpunkt habe er mit einem Kollegen eine Garage betrieben. Der Zürcher findet das Urteil «ungerecht». Er sagt: «Es ist eine harte Entscheidung. Ich war einfach sprachlos!»

Kurz darauf habe sich auch schon das Migrationsamt bei ihm gemeldet: «Die Behörden gaben mir einen Monat Zeit, um die Schweiz zu verlassen. Ich erhielt keinen einzigen Tag Aufschub, um meine Zukunft im Kosovo vorzubereiten.» Er bestätigt: «Ich bin Ende November zurück in den Kosovo. Bis kurz davor sass ich fast drei Jahre in Haft.»

Auf seine Situation im Kosovo will Florent M. nicht eingehen. Er erklärt jedoch: «Ich bereue all meine Taten, allen voran die Raserei!» Was er damit meint: Neben dem Raserdelikt gib es weitere Vorstrafen, wie etwa Verkehrsverletzungen und eine versuchte schwere Körperverletzung – alle zeitlich nahe beieinanderliegend.

Nachdenklich erklärt Florent M.: «Ich hatte da irgendwie eine schwierige Phase. Von aussen betrachtet, stellte ich vermutlich schon eine Gefahr dar.»

Zurück in die Schweiz

Das Bundesgericht schreibt zu den Vortaten, dass Florent M. eigentlich schon für die Körperverletzung hätte das Land verlassen müssen, doch aufgrund seiner persönlichen Situation wurde von einem Landesverweis abgesehen. Mit der Raserei besiegelte M. dann aber sein Schicksal, denn das Bundesgericht attestierte dem Kosovaren eine Rückfallgefahr. 

Florent M., der als Vierjähriger in die Schweiz kam und dessen Familie weiterhin in Dietikon ZH lebt, erklärt: «Ich weiss nicht, wie ich die sechs Jahre hier im Kosovo überstehen soll. Ich werde die Zeit jedoch sinnvoll nutzen, ruhiger werden. Mein Ziel ist es, wieder zurück in die Schweiz – in meine Heimat – zu kommen.»

* Name geändert 

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