«Das Nachbarhaus brannte bereits lichterloh»
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«Funken und viel Rauch»:Severin Gilg rettete Hasen aus dem Nachbargarten

Betroffene erzählt nach Grossbrand in Elgg ZH
«Ich dachte mir: ‹Jetzt ist dann alles weg!›»

Mitten in der Nacht ist im historischen Dorfkern von Elgg ZH ein Feuer ausgebrochen. Durch den Wind griffen die Flammen wohl auf nahestehende Gebäude über. Die Feuerwehr rückte mit einem Grossaufgebot aus. So erlebte eine Betroffene den Brand.
Publiziert: 16.03.2024 um 01:42 Uhr
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Aktualisiert: 18.03.2024 um 08:54 Uhr
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Das Feuer war in der Nacht weitherum zu sehen.
Foto: Leserreporter

Sie zählten zum Dorfkern von Elgg ZH und galten als historische Gebäude – nun sind sie für immer weg oder unbewohnbar: Mehrere Häuser standen in der Nacht auf Samstag in Brand. Betroffen ist eine Häuserzeile an der Hintergasse. Der Notruf ging um 0.20 Uhr bei der Einsatzleitzentrale ein. Feuerwehr und Polizei rückten mit zahlreichen Fahrzeugen zum Brandort aus. Eine Leserin sagt gegenüber Blick: «Ich habe die Sirenen gehört und bin aufgewacht».

Dutzende Personen mussten laut der Polizei evakuiert werden. Für sie wurde eine Unterkunft organisiert. Verletzt wurde nach Angaben der Kantonspolizei Zürich niemand. Der Brand griff von einem Gebäude auf weitere Liegenschaften über.

«Das Dorf steht unter Schock»
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Gemeindepräsidentin Ruth Büchi:«Das Dorf steht unter Schock»

Ursache noch unklar

«Der Sachschaden ist enorm», sagt ein Sprecher der Kantonspolizei. Auch nicht direkt vom Feuer betroffene Gebäude seien beschädigt. Zudem wurden parkierte Fahrzeuge in Mitleidenschaft gezogen.

Blick war am Samstagmorgen vor Ort. Die Löscharbeiten dauerten da noch an, das Feuer war unter Kontrolle. Am Samstagnachmittag war der Löscheinsatz dann beendet.

Löscharbeiten der Feuerwehr dauern an
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Geschützte Gebäude im Dorfkern

Im ganzen Dorf riecht es nach Verbranntem. Gemeindepräsidentin Ruth Büchi-Vögeli sagt zu Blick: «Wir mussten rund 40 Leute unterbringen.» Fast für alle hätten Lösungen gefunden werden können. Viele seien bei Privaten untergekommen. 

«Die Schäden sind ziemlich massiv. Ein Gebäude brannte komplett nieder.» Zwei weitere seien nicht mehr bewohnbar, sagt die Gemeindepräsidentin. Die andern seien zum Teil wieder bewohnbar, teilweise hätten sie auch noch Wasserschäden. «Es ist ein riesiger Verlust, denn das sind historische Gebäude, die unter Heimatschutz stehen.» 

Die Betroffenheit in der Bevölkerung sei riesig, sagt Büchi. «Das Dorf steht im Moment ein bisschen unter Schock. Doch die Solidarität ist sehr gross. Man hilft einander.» 

«Alles ist grau, und es stinkt»

Das berichten am Sonntag auch zwei Betroffene dem «Tagesanzeiger». «Alle wollen uns einladen und helfen. Das zu spüren, ist schön, und es tut gut.» Katrin Grossenbacher erzählt: «Als ich auf den Balkon kam, stand das Nachbarhaus bereits in Vollbrand. Es war grauenhaft.» 

Barfuss und in Pyjama sei sie durch den Rauch nach draussen gehastet. Draussen angekommen, habe die Pflegefachfrau gesehen, wie der Wind die Flammen zu dem Haus blies, das sie mit ihrem Partner bewohnt, der zum Zeitpunkt des Vorfalls im Engadin war. «Es war sehr beängstigend, und ich dachte mir: ‹jetzt ist dann alles weg!›.»

Die Evakuierte übernachtete in einer Notunterkunft. Mittlerweile konnte sie wieder zurück in ihre Wohnung. Ein Teil des Hauses ist allerdings wegen Einsturzgefahr abgesperrt. Auch ansonsten ist nichts mehr, wie es mal war. «Alles ist grau, und es stinkt. Deshalb sind wir nur drinnen, wenn es sein muss.»

Neben dem Gemeindehaus ist die Einsatzleitung stationiert. Bei den zerstörten Gebäuden handelt es sich um Wohnhäuser und Werkstätten. Der Brandort befindet sich im historischen Dorfkern. Ein «paar Dutzend» Anwohnerinnen und Anwohner konnten am Nachmittag in ihre Wohnungen zurückkehren, erklärte die Kantonspolizei Zürich.

Das sagen Anwohner

Severin Gilg, Anwohner und einer der Ersthelfer, wurde nachts wach, weil er die Sirenen hörte. Als er aus dem Fenster blickte, bemerkte er die Flammen. «Ich habe zuerst mein Auto in Sicherheit gebracht, anschliessend haben wir die Hasen des Nachbarn gerettet. Dann sind wir aber weg vom Brandherd, weil es einfach zu gefährlich geworden ist», erzählt er Blick. «Das Nachbarhaus hat lichterloh gebrannt.» Die Bewohner von Elgg seien schockiert über das, was passiert ist, auch diejenigen, die in der Vergangenheit schon andere Brände miterlebt hätten. «Das Wichtigste ist, dass niemandem etwas passiert ist.»

Corinne Bosshard (68) und ihre Familie besassen das betroffene Haus mit der Werkstatt drin, haben es aber vor vier bis fünf Jahren verkauft. Sie erklärt: «Als der Brand ausbrach, kam eine Nachbarin zu uns und alarmierte uns. Mein Mann ging das betroffene Haus anschauen und ich ging raus und half dabei, weitere Nachbarn zu alarmieren.» Wegen des Feuers und dem Wind wusste niemand, wie sehr sich das Feuer ausweiten könnte. Die Einsatzkräfte hätten dann die Bewohner der betroffenen Häuserzeile ins Restaurant Obertor evakuiert. Von dort aus hätten dann alle zunächst einmal gemeinsam überlegt, wo für die Betroffenen ein Schlafplatz eingerichtet werden könnte. Auch sie und ihr Mann haben vier Personen in einer Wohnung, die sie besitzen, aufgenommen. Sie sagt: «Angst hatten wir keine, nur den Impuls, so viele Leute wie möglich zu warnen, zu helfen und den Einsatzkräften nicht im Weg zu stehen.»

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Ursache noch unklar

Die Brandursache ist noch unklar. Entsprechende Ermittlungen werden so bald als möglich aufgenommen.

Dorfbewohner erwähnen Blick gegenüber, dass Elgg schon Erfahrung mit schlimmen Bränden hätte. Vor längerer Zeit habe ein Brandstifter in der Gegend gewütet. Blick berichtete damals über den Feuerteufel von Elgg. Der junge Mann musste in Therapie, soll nicht alle Brände Anfang der 2010er-Jahre gelegt haben. Die Dorfbewohner glauben, dass die Einsatzkräfte damals Erfahrung sammelten, wie man mit Bränden umgehen muss. Und tatsächlich: Die Löscharbeiten vor Ort liefen in der Nacht und am Samstag überraschend koordiniert ab. 

Auf Alertswiss warnte der Bund zwischenzeitlich vor dem Rauch. «Bitte Fenster und Türen schliessen, wegen starker Rauchentwicklung», hiess es in einer entsprechenden Meldung. Es wurde dazu geraten, Klimaanlagen auszuschalten und das Gebiet rund um den Brand grossräumig zu umfahren.

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