Er war an der Demonstration nicht erwünscht. Dem Afd-Politiker Björn Höcke (50), der sogar für die Verhältnisse seiner eigenen Partei weit rechts aussen steht, war der Zutritt zum «Aufstand für Frieden» – organisiert von Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht (53) und Publizistin Alice Schwarzer (80) – verwehrt worden. Trotzdem tat er offen seine Begeisterung für die Politikerin aus dem anderen Lager kund.
Bereits an einer Demonstration am Freitagabend in Dresden lud er sie unter tosendem Beifall ein, der AfD beizutreten. «Ich bitte Sie, kommen Sie zu uns», sprach er ins Mikrofon. In seiner Partei könne Wagenknecht die Politik machen, von der sie träume.
Tatsächlich ist die Meinung von Wagenknecht zum Krieg eine ganz andere, als ihre Partei sie vertritt. So hat die Parteispitze sich gegen eine Teilnahme an der Kundgebung entschieden, weil sie nicht erkennen kann, dass sich Schwarzer und Wagenknecht ausreichend von Rechten abgrenzen. Auch diese haben für eine Teilnahme an der Demo geworben.
Rechte erkennen eigene Postion in Wagenknecht-Manifest wieder
Nach der Publikation ihres «Manifests für Frieden» wurden Schwarzer und Wagenknecht vom «Spiegel» gefragt, wie sie zu rechten Beteiligungen an ihrem Projekt stehen. Wagenknecht: «Auf unserer Kundgebung ist jeder willkommen, der ehrlichen Herzens für Frieden und für Verhandlungen demonstrieren möchte.» Lediglich rechtsextreme Symbole seien unerwünscht.
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In der Forderung nach umgehenden Friedensverhandlungen und einem Ende der westlichen Waffenlieferungen erkennen Rechte ihren eigenen Kurs wieder. Er sei «stolz und glücklich», so Höcke bei seiner Einladung, dass Wagenknecht und Schwarzer den Protest gegen die Regierungspolitik «gegen viel Widerstand» organisierten. Wagenknecht hat sich – zumindest offiziell – noch nicht zu Höckes Angebot geäussert.
«Keine Demo für oder gegen Russland»
Die Worte Höckes zeigen auf, wie fragwürdig die Allianzen der deutschen Friedensbewegung sind. Doch nicht nur in Deutschland bandelt in Kriegs-Fragen Links mit Rechts und Rechts mit Links an – auch auf Schweizer Demos kommt es zu teils skurrilen politischen Kombinationen. So tauchten zu Beginn der Demonstration «Jahrestag des Krieges in der Ukraine» nebst kommunistischen und antifaschistischen Fahnen, auch diejenigen der Freiheitstrychler und von Mass-Voll auf. Rund 300 Menschen haben teilgenommen.
Die linksextreme Partei der Arbeit (PdA), die den Demonstrationsantrag eingab, stellte aber am Anfang klar: «Wir dulden keine Querdenker an unserer Demo. Die Anwesenheit von rechten Freiheitstrychlern und Massvoll-Leuten ist nicht erwünscht.» Dies zum Bedauern der Mass-Voll-Leute. Und auf Telegram beklagten sich Freiheitstrychler später, sie seien vom Helvetia-Platz vertrieben worden.
Auch Schweizer Fahnen waren neben ukrainischen, russischen und US-Flaggen unerwünscht. Einzig die Fahne des nicht anerkannten, abtrünnigen Gebietes Ambazonia in Kamerun war am Kopf der Demo zu sehen. «Es ist keine Demo für oder gegen Russland», erklärt eine Teilnehmerin. Allerdings werde auch die anti-russische Hetze von Medien «totgeschwiegen».
Hinter der Kundgebung stand das Bündnis «Schluss mit Krieg», zu dem Persönlichkeiten und Organisationen gehören, wie beispielsweise die Linksaussen-Partei PdA, die Schweizerische Friedensbewegung (SFB), die Tierrechtsgruppe Zürich (TRGZH) und der Liedermacher Pippo Pollina (59). Sie stellen sich gegen den Krieg, Waffenlieferungen und die Sanktionen gegen Russland. Es werden ein sofortiger Waffenstillstand sowie der Abbau der Nato-Präsenz in Osteuropa gefordert. Forderungen, die prorussischer Propaganda zum Verwechseln ähnlich sind.
Zudem macht der Verein Mass-Voll bereits Werbung für die «Friedensdemo», die am 11. März in Bern stattfinden soll. Auch hier gehört eine bunte Mischung aus dem ganzen politischen Spektrum zu den Organisatoren und Unterstützern. Unter anderem wird SVP-Hardliner Andreas Glarner (60) als Redner angepriesen.