Berüchtigter Baum soll Islamisten-Treffpunkt sein
Steht in Winterthur wirklich eine Hitler-Eiche?

In Winterthur versammeln sich Islamisten immer wieder unter einer Eiche am Deutweg. Diese soll Adolf Hitler der Stadt geschenkt haben, heisst es in einem Bericht. Das stimmt nicht ganz.
Publiziert: 17.05.2021 um 17:30 Uhr
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Aktualisiert: 18.05.2021 um 08:49 Uhr
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Hinter dieser Eiche am Deutweg in Winterthur steckt ein Stück Zeitgeschichte.
Foto: Google Streetview
Helena Schmid

Seit Jahren sorgt die radikal islamistische Szene in Winterthur für Schlagzeilen. Nun deckt ein Bericht des «Tages Anzeigers» neue Details zu den Versammlungen solcher Gruppierungen auf – und sorgt gleichzeitig für Stirnrunzeln.

So heisst es im Artikel, die Winterthurer Islamisten würden sich unter der «Hitler-Eiche» beim Stadion Deutweg treffen, im Südosten der Stadt. Der Baum sei ein einstiges Geschenk des Diktators.

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Die Aussage stiftet Verwirrung im Netz. Der gebürtige Winterthurer Komiker Victor Giacobbo (69) witzelt auf Twitter: «Gibt es hier auch eine Stalinallee? Einen Mao-Weiher? Eine Osama-bin-Laden-Schlucht, von der ich nichts gewusst habe?»

Nazi-Regime verteilte Bäume

Tatsache ist: Die Eiche ist eine von 130 Olympia-Eichen, die an den Sommerspielen 1936 in Berlin verteilt wurden. Jeder Goldmedaillengewinner erhielt eine. So auch der Winterthurer Georges Miez (1904–1999) für seinen Sieg im Bodenturnen. Heissen müsste der Baum also eher «Miez-Eiche».

Während der damaligen Olympischen Spiele war Adolf Hitler (1889–1945) in Deutschland an der Macht, drei Jahre später begann er den Zweiten Weltkrieg mit dem Überfall auf Polen.

Turner Georges Miez erhielt die Eiche also an der Siegerehrung. Ihm sei damals befohlen worden, den Hitlergruss zu machen, erzählte er dem Schweizer Fernsehen. Doch er weigerte sich, wie Aufnahmen der Zeremonie bezeugen. «Nach dem Auftritt im Stadion waren wir in Gefahr, weil wir den Arm nicht aufhielten», erinnerte sich der Sportler.

Er benannte die Eiche nach seiner Tochter

Zwei Jahre später gab er das Bäumchen in die Obhut der Stadt Winterthur. Im Stadtratsprotokoll von damals steht, die Eiche heisse «Sonja», nach Miez' Tochter. 1949 wurde sie schliesslich beim Stadion Deutweg eingepflanzt, wie eine Sprecherin des Departements technischer Betrieb Winterthur auf Anfrage mitteilt. Dort wächst sie seitdem.

Nun dient die Eiche als Treffpunkt für radikale Islamisten aus dem Kreis der mittlerweile geschlossenen An'Nur Moschee. Gemäss «Tages Anzeiger» versammeln sich die Radikalen hauptsächlich draussen, um beispielsweise brutale IS-Videos auszutauschen. Nebst der Eiche in Winterthur fänden solche Treffen auch im Zürcher Umland und in Schaffhausen statt.

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