Seit 30 Jahren geschieden, ein neues Leben mit einer neuen Frau: Das war die Realität eines 2022 verstorbenen Mannes aus dem Bezirk Meilen im Kanton Zürich. Die persönliche Bindung endet zwar meist mit einer Scheidung, finanziell kann das aber ganz anders aussehen. Das zeigt die Geschichte, über die der «Tages-Anzeiger» berichtet.
Mehr komplexe Scheidungsgeschichten
Die Scheidung liegt schon Jahrzehnte zurück, im März 1993 löste das Paar die Ehe auf. Gemäss der geltenden Scheidungsvereinbarung verpflichtete sich der offensichtlich vermögende Mann dazu, seiner Ex-Frau monatlich 12'000 Franken zu zahlen — was er 29 Jahre bis zu seinem Tod auch tat.
Neue Frau, alter Unterhalt
In der Zwischenzeit hatte er erneut geheiratet. Mit seinem Tod wurde seine neue Ehefrau zur Alleinerbin. Doch indem diese sein grosses Erbe akzeptierte, nahm sie auch dessen Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ex-Frau an. Das ehemalige Ehepaar hatte laut Scheidungsvereinbarung nämlich eine sogenannte passive Vererblichkeit vereinbart.
Die Erbin setzte jedoch die Zahlung an die Ex-Frau aus. Diese betrieb daraufhin die Witwe Anfang 2023. Das Bezirksgericht Zürich sowie das Obergericht entschieden beide zugunsten der Ex-Frau. Diese sei unterhaltsberechtigt. Doch die Witwe wollte davon nichts wissen und zog vors Bundesgericht – wo sie erneut abblitzte.
Wie schon die beiden Vorinstanzen berief sich auch das Bundesgericht auf die geltende Scheidungsvereinbarung: Die Witwe muss Unterhalt an die Ex-Frau ihres verstorbenen Mannes zahlen. Und da die Teuerung der letzten Jahre die Preise in die Höhe schiessen liess, kletterte auch der zu zahlende Unterhalt von 12'000 auf 14'000 Franken. Erst, wenn die Ex-Frau selbst stirbt, löst sich die Unterhaltspflicht auf.
Scheidungen sind heute verschuldensunabhängig
Wie der «Tages-Anzeiger» schreibt, hatte das Gericht bis 2000 noch überprüft, wer das Verschulden am Scheitern der Ehe trug. Wer sich also während der Ehe etwas anlasten liess, wurde dafür zur Kasse gebeten. Heute sind Scheidungen aber verschuldensunabhängig. Dabei kommt es nicht darauf an, wer die Scheidung initiierte. Unterhalt wird nur gezahlt, wenn dieser nötig ist.
Unterhalt ist die Verpflichtung einer Person, die Existenz einer anderen Person ganz oder teilweise unter anderem finanziell zu sichern, wie der «Beobachter» schreibt. Unterhalt kann vor allem nach einer Trennung oder Scheidung in Kraft treten, wenn einer der Eheleute nicht für sich selbst aufkommen kann. Meist gelten sie befristet, nur in seltenen Fällen werden sie lebenslänglich ausgesprochen. (mgf)