Auf einen Blick
- Debatte im Kanton Schwyz, weil Frauen nicht überall trychlen dürfen
- Präsidentin der Gleichstellungskommission kritisiert Ausgrenzung als verfassungswidrig und fordert Inklusion von Frauen
- Greifler sind skeptisch
Traditionell werden im Kanton Schwyz rund um Weihnachten, Silvester und Dreikönig böse Geister von Trychlern aus der Region vertrieben. In den meisten Dörfern bleibt diese Aufgabe Männern und Buben vorbehalten, wie der «Bote der Urschweiz» berichtet.
Frauen und Mädchen bleiben also aussen vor. Auch beim Klausjagen am 5. Dezember dürfen sie nicht teilnehmen. «Es ist eine alte Tradition, es war halt schon immer so», heisst es zur Begründung von alteingesessenen Greiflern.
«In Schwyz wäre die Aufnahme von Frauen bei den Mitgliedern wahrscheinlich nicht gerne gesehen. Alle haben die Einstellung, dass es Männersache ist», zitiert die Zeitung Sandro Anderrüthi, Präsident der Schwyzer Greifler. Die Sichtweise der Männer teilen nicht alle im Kanton.
In einem Interview mit dem «Boten» nennt Ruth von Euw (35), Präsidentin der Gleichstellungskommission des Kanton Schwyz, die Ausgrenzung von Frauen und Mädchen «problematisch». «Das Trychlen ist mehr als ein Brauch – es symbolisiert Gemeinschaft und Zusammenhalt. Wenn Frauen und Mädchen ausgeschlossen werden, signalisiert dies, dass ihre Rolle in der Gemeinschaft eingeschränkt ist», argumentiert sie.
Verstösst Ausgrenzung von Frauen gegen die Verfassung?
Die Grünliberale sieht die verfassungsrechtlichen Prinzipien der Geschlechtergleichheit verletzt. «Jeder Mensch, unabhängig von Geschlecht oder Identität, sollte das Recht haben, an kulturellen und gemeinschaftlichen Aktivitäten teilzunehmen», fordert sie. Die Lokalpolitikerin findet: «Traditionen sind keine starren Gebilde.»
Die Tradition rechtfertige nicht automatisch die Ausgrenzung von Frauen, sie basiere auf veralteten Geschlechterrollen. «Eine Tradition, die Diskriminierung aufrechterhält, sollte kritisch hinterfragt werden», betont von Euw. «Indem Mädchen ausgeschlossen werden, wird ihnen signalisiert, dass sie in bestimmten Bereichen der Gemeinschaft keinen Platz haben.» Ihnen werde gezeigt, dass es in Ordnung sei, Menschen aufgrund ihres Geschlechts zu diskriminieren.
Von Euw argumentiert mit Knabenschiessen
Die Einbeziehung von Frauen und Mädchen könne die Tradition bereichern, so von Euw. Als Beispiel nennt die Gleichstellungsbeauftragte das Zürcher Knabenschiessen, wo schon seit 1991 Mädchen teilnehmen.
«Die Öffnung des Trychlens für Frauen und Mädchen würde ein starkes Zeichen für Inklusion und Respekt setzen, ohne die Essenz des Brauchs zu gefährden», fasst von Euw ihren Standpunkt zusammen. Der Kanton Schwyz könne diesbezüglich eine Vorreiterrolle einnehmen.