Auf einen Blick
- Wohnungsinserat in St. Gallen sorgt für hitzige Diskussionen
- Inserat richtet sich nur an berufstätige Frauen mittleren Alters
- Gemäss dem Experten ist das Inserat nicht diskriminierend
Diskriminierend und illegal – oder plausibel und rechtens? Eine auf eingängigen Immobilienplattformen inserierte Wohnung löst in St. Gallen und auf Facebook gerade hitzige Debatten aus, über die das «St. Galler Tagblatt» berichtet hat.
Der Vermieter schreibt von einer «hellen, ruhigen und vor kurzer Zeit total renovierten 2-Zimmer-Wohnung im 1. Obergeschoss», die er für 1020 Franken – inklusive Nebenkosten – vermieten möchte. So weit, so gut. Am Ende fügt der Inserent aber an: «An eine berufstätige, weibliche Person mittleren Alters. Andere werden abgelehnt.»
Ist das Inserat diskriminierend?
Das auf Facebook geteilte Inserat sorgt für viele Reaktionen. Kommentare wie «Sexgrüsel» und «Ich hoffe, Sie finden keine Mieter» sind zu lesen. Auch von einer «Unverschämtheit» ist die Rede. Andere hingegen verteidigen den Verfasser. Eine Nutzerin schreibt: «Ist jedem Vermieter selbst überlassen, welche Art von Mieter er in seinem Objekt haben möchte und welche nicht.» Der Vermieter war für eine eigene Stellungnahme nicht erreichbar.
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Thomas Schwager, Geschäftsleiter und Mediensprecher des Ostschweizer Mieterverbandes, erklärt gegenüber dem «St. Galler Tagblatt», dass das Inserat nicht diskriminierend sei, da sich die Rechtsprechung Diskriminierung vorwiegend auf Rassismus am Arbeitsplatz beziehe. Fragen zur Nationalität seien nur zulässig, wenn es um die Dauer der Aufenthaltsbewilligung und damit des Mietverhältnisses gehe.
Bekannter Fall aus dem Jahr 2013 – bis vor Bundesgericht
Heisst also: Laut Einschätzung des Experten ist das Inserat nicht diskriminierend. Trotzdem sei für Vermieter Vorsicht geboten, wenn sie ihre Präferenzen direkt im Inserat preisgeben. «Würde in einem Inserat stehen, dass nur Mietinteressenten mit Schweizer Pass infrage käme, wäre das diskriminierend.»
Ein ähnlicher Fall aus Altstätten SG sorgte 2013 für Aufsehen, als ein Vermieter in seinem Inserat «Keine CH» schrieb. Ein 65-jähriger Mann reichte Anzeige wegen Ausländerdiskriminierung ein. Der Fall ging bis vor Bundesgericht, wo der Mann schliesslich abblitzte und die Gerichtskosten von 800 Franken sowie die eigenen Anwaltskosten bezahlen musste.