Auf einen Blick
- Onid (11) wurde von einem Hund schwer verletzt
- Der Hund wurde eingeschläfert
- Onid hatte eine grosse Operation und leidet an Albträumen
- Der Hundebesitzer wurde verurteilt und ist weggezogen
- Onid geht nur noch in Begleitung raus
Es ist ein schreckliches Drama, das sich in Adlikon ZH abgespielt hat: Ein Rottweiler rennt aus der Wohnung seiner Herrchen und greift draussen mehrere Kinder an und auch Personen, die den jungen Menschen helfen wollen. Am Ende gibt es mehrere Verletzte. Und der Kampfhund wird eingeschläfert.
Doch es sind nicht immer Kampfhunde, die zubeissen. Auch ganz normale Hunde schnappen zu. Dies weiss Onid (11) nur allzu gut. Er ist ein solches Opfer und steht an der Stelle in Emmen LU, wo er vor etwas über eineinhalb Jahren von einem Hund spitalreif gebissen wurde – und mit ganz viel Glück überlebte.
Beim Buben kommt alles wieder hoch
«Hier passierte es», sagt der Bub im Beisein seines Vaters Nexhat Zenuni (42) zu Blick. Es ist Onid anzumerken: Auch, wenn er ein starker Junge ist, es kommt alles wieder hoch.
Über die unfassbare Attacke spricht Onid lieber in der nahegelegenen Wohnung. Dort sind auch seine Mutter Magbule Zenuni (39) und sein Bruder Ondi (13) bei ihm. Die Familie hatte schon kurz nach dem Vorfall im April 2023 im Spital mit Blick darüber geredet, wie der Bub draussen beim Spielen plötzlich von einem Nachbarshund mehrfach gebissen wurde. Die Familie hatte gefordert, dass das Tier eingeschläfert wird. Ist dies inzwischen passiert? Und wie geht es dem heutigen Fünftklässler?
«Ich schlafe manchmal bei meiner Mutter und meinem Vater»
«Es geht mir besser», sagt Onid, der damals an einer Hand, am Hals und im Gesicht verletzt wurde. Er habe nach der Attacke «eine grosse Operation» gehabt, wie er sagt – «aber auch Albträume». Bis heute. Aber: Geweint habe er nie, ergänzt er tapfer. Doch er gibt offen zu: «Ich schlafe manchmal bei meiner Mutter und meinem Vater.» Und er ergänzt dann sofort: «Jetzt aber nicht mehr so viel.»
In der Schule wird Onid aufgrund seiner Narben nicht gehänselt, wie er sagt. Er sei beliebt, weil er erfolgreich Kampfsport mache. Vielmehr machen ihm heutzutage die grösseren Hunde Sorgen. «Wenn ich einen sehe, dann habe ich schon Angst.»
Der Hund wurde eingeschläfert
Dann verrät Onid, dass man dem Hund, der ihn angegriffen hatte, «etwas gegeben hat, damit er einschläft und stirbt. Ich bin froh darüber, es ist besser so».
Sein Vater Nexhat Zenuni bestätigt die Einschläferung des Labradoodle, einer Mischung aus Labrador und Pudel. Aber: «Es war ein langer Prozess bis dahin», sagt er. Denn: «Am Anfang wurde er von den Behörden als zahm eingeschätzt. Erst, als wir Druck mit Anwälten machten, war man überzeugt, dass der Hund nicht für auf die Strasse gemacht ist.»
Keine Entschuldigung vom Hundebesitzer
Der Hundebesitzer sei derweil verurteilt worden, sagt Nexhat Zenuni weiter. Er wisse nicht, zu welcher Strafe. Sicher ist: «Er ist inzwischen aus dem Quartier weggezogen, darüber sind wir sehr froh.» Eine Entschuldigung habe er jedoch nie erhalten.
Die Gedanken der Familie sind vielmehr bei ihrem Sohn. «Wir sind froh, dass er alles gut überstanden hat und man heute Verbesserungen sieht.» Ein Arzt habe ihm gesagt, dass Onid nur überlebt habe, weil er sich als Kampfsportler mit Händen und Füssen gewehrt habe. Sein Sohn werde jedoch heute noch psychologisch betreut und man würde daran arbeiten, wie man seine Angst behandeln könne. «Damit er diese Panik nicht mehr hat.»
Die Angst bleibt
Doch eine Angst wird für Vater und Sohn bleiben. «Es hat immer noch viele Hunde im Quartier», sagt Nexhat Zenuni sorgenvoll. «Onid vermeidet es deshalb, alleine rauszugehen – ohne uns Eltern oder in Begleitung seines grossen Bruders ist dies nicht mehr möglich.»
Es ist der Familie anzumerken: Sie hat grosse Angst, dass einem ihrer Kinder wieder etwas passiert. «Vor allem, wenn man hört, dass in Adlikon jetzt wieder ein Hund Kinder angegriffen hat», so der Vater. «Da kommen mir grausige Erinnerungen hoch, ich bekomme Hühnerhaut.»
Der Vater kritisiert den Staat
Nexhat Zenuni, der nach der Attacke gegen seinen Sohn «puren Hass, pure Wut und Trauer» fühlte, kritisiert den Staat: «Es ist überhaupt nicht schön, dass er nichts unternimmt. Das ist nicht nachvollziehbar.» Es brauche jetzt endlich eine klare Linie. Und: «Es ist nicht der Hund das Problem, sondern der Besitzer!» Es könne nicht sein, dass sich jede Person in der Schweiz einen Hund zutun könne, «ohne zuvor einen Eignungstest machen zu müssen».
Der Familienvater übt aber auch Selbstkritik. Er und seine Frau hätten sich «ganz klar gefragt», was sie hätten anders machen können. Aber: In ihrem Blockquartier seien ganz viele Kinder alleine draussen am Spielen. «Wir sind einfach froh, dass unser Sohn so glimpflich davongekommen ist. Und wie er das alles schafft – das macht uns sehr stolz.»
Den Verletzten von Adlikon wünscht die Familie von Onid nur eines: «Ganz viel Kraft!»