Sie steht mit wachen Augen hinter dem Empfangstresen des Renaissance Zürich Tower Hotels in Zürich-West. Ihr ganzes Outfit ist schwarz – ausser dem lilafarbenen, mit Swarovski-Steinen besetzten Tuch um ihren Kopf. Es sei wahrscheinlich schuld daran, dass sie in der Schweiz so lange keinen Job gefunden habe, sagt Zeinab Charaf Eddine (25).
Sie spricht Dialekt. Ihre Mutter ist Schweizerin. Mit ihr zog sie als Vierjährige in den Libanon und kam 2020 wieder zurück. Die Wirtschaft ihres Heimatlandes sei am Boden, sagt Charaf Eddine. Sie hat in einer Kleinstadt Englische Literatur studiert und nebenher Kindern Englisch beigebracht. Dann kam Corona. Sie hätte noch zwei Prüfungen machen müssen für ihren Bachelor, doch die Uni war von einem Tag auf den anderen geschlossen, das Sekretariat nicht mehr erreichbar. «Ich kam in die Schweiz ohne ein einziges Papier, mit dem ich hätte beweisen können, dass ich studiert habe.»
Ihre Mutter habe sie auf das Quereinsteigerprogramm von Hotelleriesuisse aufmerksam gemacht. Die nehmen doch sowieso niemanden mit Kopftuch, habe sie sich gedacht. Doch an der Infoveranstaltung, an der sie teilnahm, sagte man zu Charaf Eddine, dass sie Chancen hätte in einem Stadthotel, weil die Chefs dort offener seien als in ländlichen Betrieben. Eine Woche vor Beginn des einjährigen, berufsbegleitenden Lehrgangs meldete sich das Renaissance Zürich Tower Hotel und bot ihr die Ausbildungsstelle an.
Bei McDonald’s hat es nicht geklappt
Damit endete für Charaf Eddine eine zweijährige Odyssee, in der sie einen Job suchte. Einmal machte sie ein Praktikum in einer Kinderkrippe, was sie sich jedoch nicht als Beruf vorstellen konnte. Zuletzt bewarb sie sich als Verkäuferin bei McDonald’s. Vergeblich.
«Mein Kopftuch stört hier im Hotel niemanden», sagt Charaf Eddine. Sie arbeitet in einem multikulturellen Team mit Deutschen, Südafrikanern, Malaysierinnen, Türkinnen und Kosovo-Albanern zusammen. Arabische Gäste sehen das Kopftuch und fragen Charaf Eddine nach Restaurants, in denen sie «halal» essen können – also entsprechend den muslimischen Speisevorschriften.
Dass Zeinab Arabisch könne, sei ein Vorteil, sagt ihr Vorgesetzter, Empfangschef Samuel Baumgartner. «Viel ausschlaggebender ist aber ihre fröhliche Art.» Die Hotellerie sei ein People Business, fügt er an. «Wichtiger als jedes Zertifikat ist für mich, dass meine Mitarbeiter auf Menschen zugehen können.»
Schweizer Hotels sind in Not. Denn was den Wirtschaftsstandort unseres Landes als Ganzes bedroht, trifft den Tourismus besonders hart: der Fachkräftemangel. Drei von vier Hotels finden keine Leute.
Der Dachverband Hotelleriesuisse lässt deshalb seit April im Rahmen eines Pilotprojekts im Kanton Zürich Quereinsteiger im Bereich Rezeption und Küche ausbilden. Das Programm dauert ein Jahr und sieht – ähnlich einer Lehre – 80 Prozent Arbeit in einem Betrieb und 20 Prozent Schule vor. Voraussetzung ist ein Lehrabschluss oder eine Matur.
«Wir waren positiv überrascht, wie viele Personen sich für das Programm interessieren», sagt Janine Bolliger vom Projektteam. Statt der erwarteten 50 Personen meldeten sich 500 Interessierte. 150 davon wollten sich danach bewerben. Das seien weit mehr gewesen, als die 23 Hotels, die beim Projekt mitmachen, hätten aufnehmen können, sagt Bolliger.
Schlussendlich erhielten von den 150 Bewerbern 24 den Vertrag mit einem der Hotels und wurden ins Quereinsteigerprogramm aufgenommen. Man wolle es so bald wie möglich ausweiten, sofern sich ein Erfolg abzeichne, sagt Bolliger. Das heisst unter anderem, dass die Quereinsteiger längerfristig eine Stelle finden.
Das SonntagsBlick Magazin hat drei Quereinsteiger an ihrem Ausbildungsort besucht, sie die ersten Monate Ausbildung rekapitulieren lassen und mit ihnen über die Motivation gesprochen, jetzt in diese arg gebeutelte Branche einzusteigen.
Schweizer Hotels sind in Not. Denn was den Wirtschaftsstandort unseres Landes als Ganzes bedroht, trifft den Tourismus besonders hart: der Fachkräftemangel. Drei von vier Hotels finden keine Leute.
Der Dachverband Hotelleriesuisse lässt deshalb seit April im Rahmen eines Pilotprojekts im Kanton Zürich Quereinsteiger im Bereich Rezeption und Küche ausbilden. Das Programm dauert ein Jahr und sieht – ähnlich einer Lehre – 80 Prozent Arbeit in einem Betrieb und 20 Prozent Schule vor. Voraussetzung ist ein Lehrabschluss oder eine Matur.
«Wir waren positiv überrascht, wie viele Personen sich für das Programm interessieren», sagt Janine Bolliger vom Projektteam. Statt der erwarteten 50 Personen meldeten sich 500 Interessierte. 150 davon wollten sich danach bewerben. Das seien weit mehr gewesen, als die 23 Hotels, die beim Projekt mitmachen, hätten aufnehmen können, sagt Bolliger.
Schlussendlich erhielten von den 150 Bewerbern 24 den Vertrag mit einem der Hotels und wurden ins Quereinsteigerprogramm aufgenommen. Man wolle es so bald wie möglich ausweiten, sofern sich ein Erfolg abzeichne, sagt Bolliger. Das heisst unter anderem, dass die Quereinsteiger längerfristig eine Stelle finden.
Das SonntagsBlick Magazin hat drei Quereinsteiger an ihrem Ausbildungsort besucht, sie die ersten Monate Ausbildung rekapitulieren lassen und mit ihnen über die Motivation gesprochen, jetzt in diese arg gebeutelte Branche einzusteigen.
Eines der grössten Hotels der Schweiz
Rezeptionistinnen und Rezeptionisten müssen im Renaissance Tower Hotel, das zur Marriott-Gruppe gehört, vor allem Gäste ein- und auschecken. Mit 300 Zimmern, verteilt auf die unteren 15 Stockwerke eines Hochhauses, gehört das Hotel zu den grössten der Schweiz. Viele Geschäftsleute steigen hier ab. Aber auch Crews von Flugzeuggesellschaften oder Touristen aus den USA, Indien und anderen Ländern.
Charaf Eddine muss Auskunft geben können, wenn sie jemand nach dem Weg zum Bahnhof fragt. Sie empfiehlt Gästen Städtetouren, schickt sie ins Lindt-Museum nach Kilchberg ZH oder erklärt ihnen, wie sie nach Mailand kommen und was es dort zu sehen gibt. Früher hat sie jedes Jahr ihre Grossmutter in der Schweiz besucht. «Als Touristin habe ich Orte kennengelernt, die ich jetzt weiterempfehlen kann.»
Eine Shopping-Tour oder Glace essen am See
Im Moment geniesse sie die abwechslungsreiche Arbeit im Hotel, sagt Charaf Eddine. Wenn sie Frühschicht habe, müsse sie zwar um 5 Uhr aufstehen, um es bis um 6.30 Uhr von der Seegemeinde Thalwil ZH, in der sie mit ihrer Mutter lebt, in den Kreis 5 zu schaffen. Dafür sei sie um 15.30 Uhr schon fertig. Dann gehe sie ins Glattzentrum oder woanders auf Shopping-Tour oder esse ein Glace am See. «Meine Work-Life-Balance ist für mich absolut okay.»
Charaf Eddine arbeitet für einen Praktikumslohn. Nach dem Jahr Quereinsteigerausbildung hofft sie, eine Stelle im Renaissance Tower Hotel zu bekommen. Die Chancen stehen gut. Vor der Pandemie hatten dort 120 Personen einen festen Vertrag. Im Moment ist es gerade mal die Hälfte.