Darum ist die Corona-Mutation so gefährlich
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Mutation gefährdet Spitäler:«Das Virus ist uns leider wieder einen Schritt voraus»

Wissenschaftler warnen eindringlich
Darum ist die Corona-Mutation so gefährlich

Die Corona-Mutation aus Grossbritannien ist nach heutigem Erkenntnisstand deutlich ansteckender als das bisherige Virus. BLICK erklärt, warum es deshalb auch deutlich gefährlicher ist.
Publiziert: 03.01.2021 um 17:18 Uhr
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Aktualisiert: 12.01.2021 um 22:45 Uhr
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Martin Ackermann, Chef der nationalen Taskforce, bläst ins gleiche Horn.
Foto: keystone-sda.ch
Fabian Vogt

Grossbritannien vermeldete am Samstag 57'725 neue Corona-Infektionen – ein neuer Negativrekord, der fünfte in Folge. Zum Vergleich: Eine Woche zuvor wurden auf der Insel noch 35'691 Corona-Infektionen verzeichnet. Grund für den enormen Anstieg ist die mutierte Corona-Variante B117.

Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese rund 50 Prozent ansteckender ist als das bisher bekannte Sars-CoV-2. Vielleicht noch mehr. Eine Folge dieser Dominanz: Das bisherige Coronavirus wird verdrängt. Statt mit dem originalen Virus stecken sich die Menschen mit der neuen Variante an.

Die britische Epidemiologin Deepti Gurasani berichtet, dass in vielen Teilen Grossbritanniens B117 bereits präsenter ist als das originale Virus.

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Diese Entwicklung dürfte sich auch auf dem europäischen Kontinent bald fortsetzen, wie die Schweizer Virologin Isabella Eckerle (40) auf Twitter schreibt.

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Exponentielles Wachstum ist verheerend

Zwar sieht es nicht so aus, dass mehr Leute an der neuen Variante erkranken oder sterben. Auch dürften die Impfungen dagegen gleich effektiv sein wie gegen das bekannte Coronavirus.

Doch das war es auch schon mit den Good News. Rein mathematisch betrachtet ist es verheerend, wenn die Ansteckungsrate tatsächlich 50 Prozent höher ist und sich das Virus so verbreiten kann wie bisher. Bei einem Verbreitungsgrad von 1,1 (was bedeutet, dass eine Person eine weitere Person ansteckt) und 0,8 Prozent Fatalitätsrate (0,8 Prozent aller Corona-Infektionen verlaufen tödlich) würden beim bisherigen Coronavirus von 10'000 Infizierten innert einem Monat 129 Personen sterben. Mit der Mutation wären es bei gleich viel Infizierten einen Monat nach Ausbruch 978 Tote, rechnet der Mathematiker und Epidemiologe Adam Kucharski vor.

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Mehr Infizierte bedeuten auch mehr Hospitalisierungen, mehr Isolation, mehr Arbeitsausfälle. Dies in Gesundheits- und Wirtschaftssystemen, die seit Monaten am Anschlag sind. Kurz gesagt: Der R-Wert, über den Experten seit Monaten sprechen, ist nach wie vor das entscheidende Kriterium, um Corona zu besiegen. Bleibt der Wert unter 1, wie es in der Schweiz in den vergangenen Wochen teilweise der Fall war, geht die Zahl der Infektionen zurück und alles lässt sich einfacher kontrollieren. Steigt die Zahl über 1, geschieht das Gegenteil.

Wenn nun mit den bisherigen Massnahmen die weniger ansteckende Version des Virus bei R=1 gehalten werden konnte, bedeutet dies, dass dies für B117 (und allfällige andere, ansteckendere Mutationen) nicht mehr genügt. Der Bund hat darum schon reagiert und per 21. Dezember ein Einreiseverbot und rückwirkende Quarantäne für Personen aus Grossbritannien und Südafrika – wo eine andere Mutation verbreitet ist – veranlasst. Bilder wütender Briten, die ihren Skiurlaub abbrechen mussten, beherrschten die vergangenen Tage die Schlagzeilen.

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Bundesrat hört nicht auf Experten

Doch diese Massnahmen sind den Wissenschaftlern nicht genug. Isabella Eckerle sagt, man riskiere trotz Impfungen eine unkontrollierbare neue Welle, die man verhindern könnte, wenn man sofort die Fallzahlen durch weitere Massnahmen einschränkt und gleichzeitig die Impfrate erhöht.

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Martin Ackermann, (49), Chef der Schweizer Corona-Taskforce, klingt ähnlich. Vor wenigen Tagen plädierte er dafür, B117 mit ausgedehnten Massnahmen zu bekämpfen. So soll der Schulstart nach hinten verschoben werden und Homeoffice konsequenter umgesetzt werden.

Die Wissenschaftler werden zudem nicht müde zu betonen, dass in der Schweiz noch immer zu wenig konsequent getestet werde. Gerade um die Virusmutationen in den Griff zu kriegen, wäre es sinnvoll, auch sogenanntes Backward-Tracing vorzunehmen – also zu versuchen herauszufinden, wo sich eine Person angesteckt hat. Tests am Flughafen könnten eine weitere Möglichkeit sein, das System auszuweiten.

Der Bundesrat kennt die Argumente der Experten, will die Massnahmen vorerst aber nicht verschärfen. Am 30. Dezember teilte er mit, den eingeschlagenen Weg ohne zusätzliche Verschärfungen weiterzugehen.

Am gestrigen Samstag meldete der Kanton Bern, ein in London wohnhafter Schüler (9), der mit seiner Mutter für die Weihnachtsferien in die Schweiz gereist war, sei positiv auf die neue Corona-Variante aus Grossbritannien getestet worden. Es ist der sechste B117-Fall in der Schweiz.

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