Eindrückliche Bergkulisse, heroische Rockmusik, Fackeln brennen. In einem neuen Video, das auf Social Media kursiert, marschiert die Gruppierung «Wir für Euch» auf. Breitbeinig, mit hochgezogenen Kapuzen und mit dem Rücken zur Kamera posieren sie für einen Werbefilm.
Die Botschaft: Immer mehr Polizisten seien nicht mehr gewillt, die verhängten Corona-Massnahmen vom Bund umzusetzen. «Was in den letzten eineinhalb Jahren geschehen ist, ist aus meiner Sicht in vielen Bereichen rechtsstaatlich zumindest fragwürdig und auf jeden Fall unverhältnismässig», erzählt ein Sprecher im Video. Und weiter: «Wir haben diesen Beruf gewählt, um die Freiheiten und Rechte der Bevölkerung zu schützen.»
Mit Befehlsverweigerungen und Strafanzeigen gedroht
Die abtrünnige Gruppierung «Wir für Euch» besteht nach eigenen Angaben aus Mitgliedern von Polizeikorps aus der ganzen Schweiz. Schon in der Vergangenheit hatte man mit Befehlsverweigerungen sowie Strafanzeigen gegen andere Polizisten gedroht.
Mit dem veröffentlichten Clip verdeutlicht die Vereinigung jetzt ihre Nähe zur Szene der Corona-Skeptiker. Denn im Video haben auch die Helvetia-Trychler, die eine Art Symbol der Protestbewegung geworden sind, einen Auftritt. Symbolisch reichen sich die Polizisten und die Glockenträger im Film die Hand – auch Männer im Tarnanzug der Schweizer Armee machen mit. Der Film wurde am Walensee aufgenommen, genauer bei der Feuerstelle in Betlis SG.
«Diese Polizisten kann man nicht als Kollegen betrachten»
Wer hinter der Gruppierung «Wir für Euch» steht und warum nun der Zusammenschluss mit den Trychlern demonstriert wird, bleibt unklar. Auch auf wiederholte Anfrage von Blick reagierten die Verantwortlichen nicht.
Umso deutlicher fällt die Reaktion des Verbands Schweizerischer Polizeibeamter (VSPB) aus. «Wir finden es stossend und verwerflich, dass man sich in der Anonymität verstecken muss, um seine Anliegen zu vertreten. Das gehört sich nicht in einem demokratischen Staat und sicher nicht für Angehörige der Polizei», heisst es in einer schriftlichen Antwort gegenüber Blick. «Was sich hier abspielt, ist unverständlich, und die Kommunikation, die gemacht wird, ist auch nicht korrekt und polemisch.»
Die Aktionen von «Wir für Euch» stossen laut VSPB vielen Polizisten sauer auf. «Viele Kolleginnen und Kollegen verurteilen dieses Vorgehen aufs Schärfste und stören sich stark daran. Sollten diese Leute wirklich Polizistinnen und Polizisten sein, kann man sie nicht als Kollegen betrachten», so der VSPB. Der Verband befürchtet, dass sowohl Videos wie jenes vom Ufer des Walensees als auch das Gesamtverhalten der Gruppe dem «vertrauensvollen Ruf der Polizei» schaden könnten.
Verband zweifelt daran, dass Mitglieder wirklich Polizisten sind
Beim VSPB ist man sich nicht mal sicher, ob sich hinter «Wir für Euch» wirklich Polizisten verbergen. Da sich die Aktivisten hinter der Anonymität verstecken würden, bleibe das vorerst einfach eine Behauptung.
Anfang Oktober wurde jedoch durch die «Republik» bekannt, dass die Zürcher Kantonspolizei zwei Polizisten freigestellt hat, die der Gruppe angehören und aufgrund von Metadaten der «Wir für Euch»-Homepage aufgeflogen waren. Auf die Frage des Magazins, wie viele Mitglieder sich der Gruppierung denn angeschlossen hätten, sagte einer der Polizisten: «Ich kann Ihnen nur sagen: deutlich mehr als zwei.»
Armee wünscht keine Verbindung zu Corona-Skeptikern
In dem Video ist auch mindestens ein Mann im Tarnanzug zu sehen. Damit soll die Nähe zwischen den Corona-Skeptikern und der Schweizer Armee suggeriert werden. Und das passt dem Militär ganz und gar nicht. «Die Armeeführung wünscht nicht, dass die Armeeuniform in Zusammenhang mit der Bewegung der Corona-Skeptiker gebracht wird. Die Uniform darf gemäss Dienstreglement mit wenigen Ausnahmen grundsätzlich nur im Dienst getragen werden», sagt Stefan Hofer vom Eidgenössisches Departement für Verteidigung zu Blick.
Die Armee leiste ihren Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie mit Überzeugung. Das Militär halte sich strikt an die Schutzkonzepte. Dazu würden wöchentliche Screening-Tests aller nicht-geimpften und nicht-genesenen Armeeangehörigen gehören. Der Armeesprecher zu Blick: «Bisher wurden zudem mehr als 6’000 Armeeangehörige in der Armee vollständig geimpft und Impfzertifikate ausgestellt.»
Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version dieses Artikels schrieb Blick, dass das Video am Vierwaldstättersee aufgenommen wurde. Es handelt sich aber um den Walensee. Wir bitten um Entschuldigung.