Auf einen Blick
- Weihnachtsessen im Januar: Neuer Trend wegen überbuchter Restaurants im Dezember
- Gastronomen begrüssen Entwicklung, da sie Druck aus dem Dezember nimmt
- Im Casinotheater Winterthur ist Januar gleich stark ausgelastet wie Adventszeit
Kurzentschlossene machten im Advent nicht selten lange Gesichter: Wer im Restaurant spontan einen Tisch buchen wollte, bekam meistens eine freundliche Absage: Tut uns leid, «fully booked», kein Platz mehr frei. Grund dafür sind die zahlreichen Weihnachtsessen, die jeweils im Dezember stattfinden, sei es mit dem Büroteam, den Kolleginnen und Kollegen oder im Kreis der Familie.
Eine hohe Nachfrage, die vom knappen Angebot nicht mehr abgedeckt werden kann, hat nun einen neuen Trend geboren: Weihnachten im Januar. Wer kann, verlegt den Anlass einfach in die ersten Wochen des neuen Jahres. Dann sind die Leute weniger gestresst und die Beizen traditionell leerer.
Weniger Druck im Dezember
Hoch im Kurs sind antizyklische Weihnachtsessen zum Beispiel im Restaurant Bay in Bern. Gastgeber Maurice Bridel sagt zu Blick, er hätte seinen Bankettraum «Bayside» im historischen Wurstembergerturm an den Dezemberabenden jeweils bis zu sieben Mal vermieten können. «Nur wer schon im Mai anfragte, bekam einen freien Slot.»
Nun würden die Leute vermehrt auf den Januar ausweichen, so Bridel. Bereits seien vier Veranstaltungen geplant. Früher hatte man diese zusätzlichen Weihnachtsessen nicht einkalkuliert im Budget. «Es sind definitiv mehr geworden in den letzten zwei Jahren.»
Die Entwicklung freut den Gastronomen, der mit seiner Frau Christina in der Hauptstadt noch weitere Lokale betreibt. Nicht zuletzt, weil es den Druck aus dem Dezember nehme, in dem seine Belegschaft regelmässig Überstunden leisten müsse.
Verlängerte Weihnachten
Von einem Trend spricht auch Beat Imhof, seit diesem Jahr Präsident des Branchenverbandes Gastrosuisse. Da es für grosse Tafeln im November und Dezember immer enger würde, verlagerten sich die Essen ins kommende Jahr.
Im Casinotheater in Winterthur ZH, wo Imhof bis im vergangenen Oktober die Geschicke geleitet hatte, sei der Januar mittlerweile gleich stark mit Banketten ausgelastet wie in der Adventszeit. Imhof: «Von einem Januarloch spricht niemand mehr in der Branche.»
Deko bleibt hängen
Von verlängerten Weihnachten kann auch der Zürcher Gastronom Michel Péclard ein frohes Liedchen anstimmen. Vorbei sei die Zeit, in der Januar und Februar als schlechteste Beizen-Monate galten, sagt der Besitzer von 18 Restaurants. Es ergebe ja auch durchaus Sinn, das Weihnachtsessen nach hinten im Kalender zu verschieben, so Péclard: «Es finden so viele Essen im Dezember statt, überall in der Stadt herrscht dann ein riesiger Zirkus.»
Die Weihnachtsdeko in Péclards Coco am Paradeplatz bleibt deshalb bis am 25. Januar hängen. Üppig fiel selbige in diesem Jahr auch im Portofino in Thalwil ZH aus, einem weiteren Péclard-Lokal. Den Leuten gefiels, der Dezember sei stets voll gewesen, so der Gastro-Unternehmer. Manche seiner Gäste baten ihn sogar, Lametta und Lichter bis im März hängen zu lassen.
Für das gewachsene Bedürfnis der Menschen, Weihnachten in die Verlängerung zu schicken, hat Péclard eine einfache Erklärung: «Vieles läuft gerade nicht so gut, auf der Welt oder bei manchen ebenso im Job, da wünscht sich manch eine oder manch einer eine kurze Pause vom Alltag mit vielen positiven Vibes. Und das nicht nur im Advent!»