Das Oberwallis boomt. Angetrieben vom Wachstum des Pharmakonzerns Lonza in Visp wachsen Wirtschaft und mit ihr die Bevölkerung. Die Einwohnerzahl der Standortgemeinde nahm zwischen 2019 und 2022 um gut 300 Personen zu, letztes Jahr wohnten in Visp über 8200 Menschen.
Das gilt auch für kleinere Gemeinden in der Region. Beispielsweise das Bergdorf Zeneggen. Innerhalb von fünf Jahren ist die Bevölkerung um zehn Prozent auf über 300 Einwohner angestiegen. Und der Trend geht weiter, im Dorf wird gebaut. «Vor allem Angestellte der Lonza ziehen zu uns hinauf ins Dorf», sagt Fernando Heynen (36), Gemeinderat von Zeneggen.
Grund für die neue Beliebtheit des Dorfes ist die Nähe zu Visp. Die Fahrt ins Tal dauert rund 20 Minuten.
Wasser als Sorgenkind
So gross die Freude über das Wachstum des Dorfes ist, die Sache hat auch einen Haken. «Man kann die Leute nicht hier ins Dorf locken und dann passt es mit der Infrastruktur nicht.» Der Boom der Lonza im Tal übt Druck auf die kleine Gemeinde am Berg aus.
Konkret geht es ums Wasser, denn Wasser ist in Zeneggen nicht im Überfluss vorhanden. Derzeit sorgen zwar fünf Quellen für die Versorgung, deren Schüttung ist aber Schwankungen unterworfen. «Es kommt schon jetzt vor, dass wir die Brunnen im Dorf abschalten müssen», so Heynen.
Mit einer durchschnittlichen Regenmenge von 500 Millimetern pro Jahr gehört Zeneggen gleichzeitig zu den trockensten Orten der Schweiz. So ist es unwahrscheinlich, dass man weitere Quellen findet. «Die Sache ist heikel, denn wir müssen vorsichtig sein, dass wir uns die bestehenden Quellen nicht kaputt machen.» Die Bohrung nach einer neuen Quelle könnte nämlich eine bestehende zum Versiegen bringen. Das kann man nicht riskieren.
Gerade beim Wasser aber ist die Frustrationstoleranz der Menschen klein, das weiss auch Heynen. Gibt es zu wenig Wasser, werden die Leute schnell hässig. Heynen sagt: «Im Moment haben wir noch gerade so genug Wasser, aber wenn wir wegen der Lonza weiter wachsen, muss etwas passieren.»
Neues Reservoir muss her
Weil es keine neuen Quellen zu erschliessen gibt, heisst die (Teil)-Lösung des Problems: Bau eines neuen Trinkwasserreservoirs. Darin könnten Tausende Liter Trinkwasser gespeichert werden, mit denen man Engpässe überbrücken kann.
Fernando Heynen würde dieses Reservoir gerne in den nächsten drei Jahren bauen, um mit dem Wachstum des Dorfs Schritt halten zu können. «Dafür aber muss es beim Kanton schnell gehen», sagt er. Weil das Reservoir ausserhalb der Bauzone liegen wird, sind schlussendlich die Behörden in Sitten zuständig. «Erfahrungsgemäss sind solche Projekte kompliziert», sagt Heynen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Umweltwächter des Kantons Wallis noch einen Haufen an Vorgaben machen werden, wie denn das Reservoir gebaut werden muss.
Kosten in Millionenhöhe
Neben dem Umstand, dass mengenmässig genügend Wasser zur Verfügung stehen muss, stellt auch dessen Qualität eine grosse Herausforderung dar. Richard Werlen (61), Brunnenmeister von Zeneggen, erklärt: «Bei starken Regenfällen kann es zu Verfärbungen des Wassers kommen.» Was wiederum direkt den Kanton auf den Plan ruft. «Auch wenn das Wasser noch trinkbar wäre, muss dann etwas unternommen werden.» Um dem Problem vorzubeugen, hat man kürzlich das bestehende Reservoir technisch aufgerüstet. «Damit das Wasser, das wir haben, auch wirklich genutzt werden kann», sagt Werlen.
Das hilft zwar, ist aber auch teuer. Zusammen mit dem neuen Reservoir laufen schnell einmal Kosten von einer Million und mehr auf. Für ein Dorf mit knapp 300 Einwohnern ein grosser Brocken. «Zum Glück haben wir in den letzten Jahren das Geld zusammengehalten», sagt Gemeinderat Heynen.