Kampfzone Kehrplatz! Ein Platz zwischen zwei Grundstücken in Turtmann VS beschäftigt Juristen. Sogar das Bundesgericht musste sich mit der kleinen Asphaltfläche auseinandersetzen. Und ein Ende des Kehrplatz-Kleinkriegs ist nicht in Sicht, wie Anwohner Paul Steiner (60) gegenüber Blick erklärt: «Man muss rückwärts in die Quartierstrasse herausfahren, weil ein Wendemanöver fast unmöglich ist.»
Hintergrund: Die Grundstücksgrenze verläuft über den fraglichen Platz. Ein Problem war das bisher nicht, denn die beiden anliegenden Häuser gehörten zwei Brüdern. Mittlerweile wohnt hier aber Paul Steiner, der mit seiner Nachbarin* das Heu gar nicht auf der gleichen Bühne hat.
Steiner und seine Nachbarin buhlten seit einiger Zeit um ein paar Quadratmeter Boden, direkt neben ihren Grundstücken. Steiner erhielt schlussendlich den Zuschlag. «Das hat sie wohl sauer gemacht.» Die Nachbarin beschwerte sich danach über das Gebell von Steiners Hund, und dass seine Katzen auf ihren Rasen koten würden.
Bis nach Lausanne
Später erteilte die Frau ihrem Nachbarn ein Kehrplatz-Verbot für ihren Teil des Platzes. «So wie sie sich unsere Zufahrt vorstellte, wären wir gar nicht mehr in unsere Garage gekommen», sagt Steiner. Er wehrte sich. Und gewann zunächst.
Immer wieder gibt es Ärger unter Nachbarn
Die Nachbarin akzeptierte die Urteile aber nicht. Im vergangenen Jahr landete die Sache dann vor dem Bundesgericht in Lausanne. Das Urteil liegt Blick vor. «Das Resultat ist, dass wir und unsere Gäste nur einen schmalen Streifen des Platzes befahren dürfen», sagt Steiner. Ein Auto zu wenden, ist auf dem Streifen unmöglich.
Um in seine Garage hineinzukommen, muss Steiner darum ganz genau schauen, wie er fährt. «Sobald man auch nur einen Millimeter auf den Boden der Nachbarin fährt, beschwert sie sich, macht Fotos», sagt er. Auch Gäste oder Lieferanten, die von allem nichts wüssten, würden nicht verschont.
Steiner wollte weg
Im vergangenen Jahr sah Steiner dann nur noch eine Möglichkeit: wegziehen. Er beauftragte eine Immobilienfirma mit dem Verkauf seines Hauses. Es gab auch Interessenten. Doch aus einem Verkauf wurde nichts. Steiner ist überzeugt: «Wegen meiner Nachbarin werde ich mein Haus nicht los.» Jeder aus dem Dorf wisse von den Unstimmigkeiten, das schrecke ab.
Auch, weil der Streit seit dem Bundesgerichtsurteil immer noch nicht ausgestanden ist. Steiner wehrt sich derzeit vor den Behörden gegen eine Mauer, die seine Nachbarin direkt an seiner Grundstücksgrenze errichtet hat. Für diese liegt bislang keine Baubewilligung vor. Die Nachbarin beruft sich gegenüber Steiner darauf, dass es sich lediglich um lose Begrenzungssteine handle, weshalb es keine Bewilligung brauche. Für Steiner handelt es sich jedoch um eine illegal gebaute Trockenmauer. Das Verfahren ist hängig. «Auch das trägt nicht dazu bei, dass jemand das Haus kaufen will», sagt er.
Steiner wird deshalb notgedrungen in seinem Haus wohnen bleiben, bald ziehen seine Schwiegereltern in die Einliegerwohnung des Hauses ein. «Die Sache ist unglaublich belastend, auch körperlich», sagt er. Steiner hat Tinnitus, was er auf den Stress wegen des Streits zurückführt. «Unser Traumhaus im Wallis ist zu einem Alptraum geworden.»
Die Nachbarin liess Anfragen von Blick für ein Gespräch unbeantwortet. Dass aber auch sie unzufrieden mit ihren Nachbarn ist, geht aus einem Brief an Steiner vom vergangenen Sommer hervor. «Leben Sie ihr Leben, ohne auf uns, unser Grundstück und unser Haus zu schauen», schreibt sie darin. Die Wendeplatz-Posse geht also weiter.
* Name bekannt