Philipp Fuchs (49) steht in einer seiner vier Bäckereien im Weltkurort Zermatt VS. Es herrscht reger Betrieb an diesem Morgen. Einheimische wie Touristen decken sich mit Brot und anderem Gebäck ein. Gerade bei den Gästen beliebt ist das Bergführerbrot, das Produkt der Bäckerei Fuchs schlechthin. Aber auch Walliser Roggenbrot AOP wird gerne und oft gekauft. «Das ist ein Stück Walliser Kultur», sagt Fuchs.
Das Kulturgut Walliser Roggenbrot AOP ist aber in Gefahr. Es braucht schnell eine Lösung, damit sich das Brot auch in Zukunft AOP, also «Appellation d’Origine Protégée», nennen darf. Konkret muss eine neue Mühle gebaut werden. Doch danach sieht es im Moment nicht aus. «Die Situation ist bedrohlich», sagt Fuchs.
Neue Mühle muss her
Die geschützte Herkunftsbezeichnung hat das Walliser Roggenbrot seit dem Jahr 2004. Damit ein Brot das Label AOP tragen darf, gilt es ein paar Bedingungen zu erfüllen. Das verwendete Mehl muss zu 90 Prozent aus Roggen bestehen. Viel wichtiger aber noch: Die Herstellung des Brotes erfolgt im Kanton Wallis. Das heisst, dass der Anbau des Roggens und des Weizens, Lagerung des Erntegutes, Verarbeitung zu Mehl und Herstellung vor Ort erfolgen müssen. Nur dann gibt es das Label.
Der Knackpunkt ist die Mühle. Die einzige, die im Wallis in Betrieb ist, steht im Moment in Naters VS. Allerdings hat die Betreiberin, die waadtländische Groupe Minoterie SA (GMSA), ein Problem. Ende des Jahres ist Schluss mit dem Mahlen von Mehl im Oberwallis. Der Mietvertrag der GMSA für die Mühle in Naters wurde nicht verlängert, die Besitzerfamilie will das Gebäude in Zukunft als Wohnblock nutzen. Die Mühle liegt an bester Lage in Naters, die Immobilienpreise sind hoch. Heisst: Damit auch weiterhin im Wallis Roggenmehl gemahlen werden kann, braucht es eine neue Mühle.
Das Problem aber sind die Kosten. Diese werden auf rund sieben Millionen Franken geschätzt. Offenbar zu viel Geld für die GMSA. Diese will nur fünf Millionen in die neue Mühle stecken. Den Rest sollen andere bezahlen – die Bäcker, die Roggenproduzenten und unter Umständen auch der Kanton Wallis. In dem Wissen, dass ohne Mühle im Wallis die Bezeichnung AOP dahin ist.
«Keine Lösung zu finden, wäre eine Katastrophe»
Albert Michellod (63), Präsident des Walliser Bäckermeisterverbandes und Vize der Sortenorganisation Walliser Roggenbrot AOP, sagt auf Anfrage von Blick zu dem Thema: «Keine Lösung zu finden, wäre eine Katastrophe.»
Die Zeit drängt, spätestens im nächsten Jahr braucht es eine Lösung, um das Kulturgut Walliser Roggenbrot zu retten. «Das Brot ist für den Kanton als Marketinginstrument von unschätzbarem Wert», betont Michellod. Vor diesem Hintergrund gibt sich der oberste Walliser Bäcker denn auch optimistisch. «Wir sind dabei, Lösungen zu finden», sagt er.
Wie diese aussehen könnten, kann Michellod im Moment nicht sagen. Er hofft, dass es in zwei Monaten so weit ist. Fakt aber ist: Steuergelder werden wohl keine fliessen. Michellod erklärt: «Dazu fehlen die gesetzlichen Grundlagen, die Mühle wird schliesslich privat betrieben.»
Zwei Millionen fehlen
So hängt die Zukunft des Walliser Roggenbrots davon ab, dass irgendwo zwei Millionen aufgetrieben werden können. Die GMSA erklärt auf Anfrage von Blick: «Bei Roggenbrot AOP sprechen wir von einem sehr bescheidenen Mehlvolumen von rund 350 Tonnen pro Jahr. Die Rentabilität ist daher nicht auf der Grundlage eines Standardgeschäftsmodells zu erreichen und erfordert daher andere Finanzierungsformen.» Man müsse ein Kooperationsmodell mit der gesamten Wertschöpfungskette finden, um das Projekt erfolgreich zu finanzieren. «Die Gespräche laufen auf Hochtouren und wir sind zuversichtlich, dass in den nächsten Wochen eine Lösung gefunden wird.»
Der Walliser Bäckerpräsident sieht sich durch die Mühlenbetreiberin nicht unter Druck gesetzt. Er zeigt Verständnis. «Wenn die GMSA mehr als fünf Millionen investiert, macht sie mit der Mühle Verlust», gibt Albert Michellod zu bedenken.