Ekelhafter Geruch, Schmutz, schlechtes Essen
Ein Besuch im schlechtesten Hotel der Westschweiz

Mithilfe von Google-Bewertungen und mühevoller Kleinarbeit hat Blick-Reporter Amit Juillard das schlechteste Hotel der Westschweiz gefunden. So viel sei verraten: Die Kommentare lügen nicht!
Publiziert: 03.04.2024 um 11:41 Uhr
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Aktualisiert: 03.04.2024 um 17:31 Uhr
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Das Zimmer: Im Badezimmer ist die Lüftung stark verschmutzt.
Foto: Amit Juillard
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Amit Juillard

Es ist lange her, dass meine Nasenlöcher beim Öffnen der Tür eines Hotelzimmers so einen Geruch wahrnahmen. Das letzte Mal ging es mir so in Südindien. Allerdings zu einer Zeit, als ich sehr pleite und als Backpacker unterwegs war, der selten mehr als umgerechnet vier Franken für ein Bett und ein «Badezimmer» ausgab (selbst für indische Verhältnisse ist das billig).

Jetzt bin ich im Kanton Waadt. Als ich gegen 20 Uhr ankomme, ist kein Rezeptionist zu sehen. Der Chef, der in der Küche und im Service beschäftigt ist, bringt mir einen Schlüssel und öffnet mir die Tür zu meinem kleinen Kokon für die Nacht.

Feuchtigkeit, Schimmel und Muff

Der Geruch kommt mir vage bekannt vor. Man müsste Patrick Süskind fragen, wie er diese Mischung aus Feuchtigkeit, Schimmel und Muff beschreiben würde. Es stinkt nach alten Fussballschuhen.

Der Geruch kommt aus dem Badezimmer. Die Lüftung ist mit einer festen Schicht aus klebrigem Staub bedeckt. Der Duschvorhang hat braune Flecken. Der Rest sieht mehr oder weniger sauber aus. Nur der Boden des Zahnputzglases ist noch mit Zahnpastaspuren bedeckt. Willkommen im schlechtesten Hotel der Westschweiz mit einer Google-Bewertung von 3,2 von 5 möglichen Sternen.

Das heisst, am schlechtesten nach den genauen Kriterien von Blick. Diese basieren auf den Bewertungen der US-amerikanischen Suchmaschine. Alle dort gelisteten Hotels wurden in eine Rangliste aufgenommen.

Anschliessend haben wir die Etablissements ausgeschlossen, die mit vier oder mehr Sternen bewertet wurden. Aber auch solche, die weniger als 50 Bewertungen erhalten haben, sowie Ferienwohnungen.

Es geht uns nicht darum, mit dem Finger auf die eine oder andere Einrichtung zu zeigen und sie zu nennen. Vielmehr geht es darum, die Frage zu beantworten, ob man den Kommentaren und Bewertungen im Internet wirklich trauen kann.

Das Badezimmer riecht «nach Kanalisation»»

Die Bettwäsche ist sauber. Zum Glück bei einem Preis von fast 120 Franken pro Nacht. Meine Nase hat sich an ihre neue, feindliche Umgebung gewöhnt. Vor dem Essen mache ich einen kurzen Abstecher in den Kommentarbereich auf der Google-Seite der Unterkunft.

Die schlechtesten – die an prominenter Stelle zwischen einigen lobenden Worten stehen – sind gepfeffert. «Durchlöcherte Laken, schmutziges Zimmer. [...] Mich hats gewürgt. Die Einrichtung ist nicht zu empfehlen!»

Ein weiterer Text liest sich so: «Nullachtfünfzehn. Schlecht, schlecht, schlecht. Schlechter Empfang. Der Chef ist hochnäsig. [...] Ich würde es überhaupt nicht empfehlen.» Auf Booking.com berichtet eine Kundin am 29. Juli 2023 von einem «Badezimmer, das nach Kanalisation riecht».

Eine andere, die ein Jahr alt ist, verheisst ebenfalls nichts Gutes. «Schmutziges Zimmer, kalter Empfang, Schimmel an einer Wand, Spinnweben neben den Steckdosen, [...]».

Die Lasagne ist eine Katastrophe

Beim Essen bestelle ich zu meinem Glas Wein eine Lasagne. Sie ist gummiartig. Auf der Karte wird sie als hausgemacht dargestellt. Die Nudeln zerfallen bei jedem Stich mit der Gabel in tausend Stücke. Alles ist ölig und wird von einer zu flüssigen Bolognesesauce begleitet.

Vor dem Dessert nutze ich die Gelegenheit, um den Chef des Hauses – der nicht weiss, dass ich Journalist bin – auf den unangenehmen Geruch hinzuweisen, der meine Räumlichkeiten umgibt. Seine Antwort ist vernichtend: «Das ist möglich. Aber wir sind immer ausgebucht, also wird ständig geputzt. Mir wäre es lieber, Sie sagen mir, dass es ein bisschen feucht ist, als dass überall Staub ist, wissen Sie? Ich kann nichts tun.» Immerhin: Die Tarte Tatin schmeckt ziemlich gut.

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Ich habe Angst um meine Lungen

An der Rezeption hängen viele Schlüssel: Die Belegung ist nicht so hoch, wie es mir der Chef glauben machen wollte. Zurück in meinem Zimmer steigt mir wieder der Geruch in die Nase. Ich befinde mich im Erdgeschoss, also kann ich nicht bei offenem Fenster schlafen. Ich habe Angst um meine Lungen, bin erst vor kurzem zum Nichtraucher geworden.

Ich höre, wie sich ein Mann auf der anderen Seite der Wand auf Italienisch unterhält. Man kann alles hören.

Wo ist mein Frühstück?

Der nächste Morgen: Im Spiegel wünschen mir meine Augenringe einen guten Tag. Es ist 6.30 Uhr. Nach der Dusche gehe ich ins Bistro, um zu frühstücken. Das Problem: Die Lichter sind aus und die Türen geschlossen. Das Frühstück wird offensichtlich nicht wie versprochen von 6 bis 10 Uhr serviert. Vielleicht später?

Der Sonnenaufgang ist fabelhaft. Ich warte auf dem Parkplatz. Eine Frau kommt aus dem Gebäude und scheint auf den Bistrobereich zuzugehen. Sie spricht weder Französisch noch Englisch, Deutsch oder Spanisch (ich habe alles versucht). Und sie ist auch nicht da, um das Frühstück vorzubereiten. Kurz nach 8 Uhr gebe ich auf und gehe zur Postauto-Haltestelle.

Der Chef streitet alles ab

Mich plagen Schlafmangel, Hunger, die Sorge um meine armen Lungen, aber vor allem viele Fragen. Wie konnte es so weit kommen? Warum nimmt das Management die Kommentare der Internetnutzer nicht zur Kenntnis? Warum verkaufen sie ein nicht vorhandenes Frühstück? Hat das Management Schwierigkeiten, die diese Situation erklären könnten?

Ich habe das Management dreimal per E-Mail kontaktiert. Als ich keine Antwort erhielt, gelang es mir schliesslich, den Manager am 21. März telefonisch zu erreichen. Zunächst behauptete er, dass die schlechten Kommentare der Internetnutzer auf die frühere Leitung zurückzuführen und daher drei Jahre alt seien. Das ist nicht korrekt, wie wir wissen.

Im Laufe des Gesprächs bestreitet der Chef, dass er Schwierigkeiten hat und stellt mein Erlebnis infrage. Er sagt, es sei unmöglich, dass ich nach der «Renovierung vor einem Jahr» solche Probleme festgestellt habe. Eines ist sicher: Ich werde so schnell nicht wiederkommen.

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