Im Fall des in der Schweiz verschollenen ehemaligen Tengelmann-Chefs Karl-Erivan Haub (60) soll endlich ein Schlussstrich gezogen werden. Ehefrau Katrin sowie die Zwillingskinder des Milliardärs wollen ihn für tot erklären lassen. Die Familie habe sich den bereits laufenden Anträgen von Haubs Brüdern und der Firma auf Todeserklärung angeschlossen, sagte ein Sprecher des Kölner Amtsgerichts.
Der aus Köln stammende Haub, mit einem Vermögen von rund fünf Milliarden Dollar einer der reichsten Deutschen, war am 7. April 2018 das letzte Mal gesehen worden. Eine Überwachungskamera hatte den durchtrainierten Sportler gegen 9.10 Uhr in der Bergstation Klein Matterhorn im Wallis (3820 Meter) erfasst. Dort verliert sich seine Spur.
Der erfahrende Alpinist war in die Berge gereist, um für das traditionsreiche Skibergsteiger-Rennen Patrouille des Glaciers zu trainieren.
Auch nach der Schneeschmelze fand man keine Spur des Vermissten, so dass im Oktober 2018 die Suche ganz eingestellt wurde.
Er führte ein Doppelleben
Um Haubs Verschwinden ranken sich Gerüchte. Die wahrscheinlichste Erklärung für sein Verschwinden: Er ist verunglückt und in eine Gletscherspalte gestürzt. Es gibt aber auch Spekulationen darüber, dass er untergetaucht sein könnte. Die Handydaten-Auswertung nach seinem Verschwinden zeigten, dass Haub rund zehn Jahre lang ein Doppelleben geführt und in Russland regelmässig seine Geliebte besucht hatte.
Zwischen 2010 und 2015 wurden bei Tengelmann Firmengelder in zweistelliger Millionenhöhe zweckentfremdet, die zum grossen Teil in Russland verschwunden sein sollen. Haub habe Prüfungen nach Verdachtsmeldungen der Revisionsabteilung verboten. Auch wurde bekannt, dass er Geschäftspartner, Leibwächter, Nachbarn und sogar die eigene Familie beschatten liess. Allein die Überwachung seines Bruders Georg soll acht Millionen Euro gekostet haben.
Familienstreit nach Verschwinden
Seit Haubs Verschwinden schwelt innerhalb der Familie ein Streit um die Neuverteilung der Macht. Die Ehefrau und die Kinder hatten sich zuerst gegen den Antrag auf Todeserklärung gewehrt, um nicht aus dem Unternehmen ausgeschlossen zu werden.
Wie die «Bild»-Zeitung schreibt, steige mit dem Antrag auf Todeserklärung der Druck auf Ehefrau und Kinder, ihre Anteile zu verkaufen. Sonst würden gemäss dem Nachrichtenmagazin «Focus» Erbschaftssteuern von fast einer halben Milliarde Euro fällig.
Die Unternehmensgruppe Tengelmann beschäftigt weltweit 90’000 Angestellte und ist unter anderem am Baumarkt Obi, am Textil-Discounter KiK und am Lebensmittel-Discounter Netto beteiligt.
Hält das Kölner Amtsgericht den Antrag auf Todeserklärung auf zulässig, beginnt das Verfahren mit der öffentlichen Bekanntmachung und der Aufforderung an den Verschollenen und alle, die etwas über seinen Verbleib sagen können, sich zu melden. Nach Ablauf einer Frist, die zwischen sechs Wochen und einem Jahr dauern kann, erfolgt die Todeserklärung. (gf)
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