Vor einem Jahr ist der deutsche Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub (†58) in der Schweiz verschwunden. Die Suche am Matterhorn haben die Angehörigen im Oktober aufgegeben. Sie haben keine Hoffnung mehr, Haub jemals lebend wieder zu finden. Für tot erklärt ist er aber bisher nicht und schon gar nicht vergessen. So besucht seine Witwe Katrin dieses Wochenende zu seinem Gedenken das Wallis, wie die «Bild am Sonntag» berichtet.
Neben der Trauer geht es auch um das Geschäft – und um ganz viel Geld. Zum Imperium gehören etwa die OBI-Baumärkte sowie die Discounter Kik (Textil) und Netto (Lebensmittel). Wie die deutsche Zeitung weiss, tobt hinter den Kulissen seit Monaten ein Familienstreit. Die Firmenanteile des Verschwundenen sollen laut Testament an seine Kinder, die Zwillinge Viktoria und Erivan (beide 26) gehen. Doch jetzt soll Karl-Erivans Bruder Christian (55) die eingesetzten Erben aus dem Unternehmen drängen wollen.
Last der Erbschaftssteuern
Seitdem Karl-Erivan Haub verschwunden ist, hat Christian Haub beim Familienunternehmen die Zügel übernommen. Er stand davor im Schatten des älteren Bruders, lebte 30 Jahre in den USA und «durfte sich kaum um die Tengelmann-Geschäfte kümmern», wie «Bild am Sonntag» schreibt. Jetzt aber hat er das Sagen. Kommuniziert wird zwischen den beiden Familienzweigen aber offenbar fast nur noch via Anwälte.
Grund für den Erbstreit: Noch hat die Witwe von Karl-Erivan Haub ihren Mann nicht für tot erklären lassen. Seine Kinder haben ihr Erbe deshalb noch nicht angetreten und müssen bislang auch keine Erbschaftssteuern zahlen. Diese dürften im dreistelligen Millionenbereich liegen. Gewöhnlich werde der Betrag vom Unternehmen bezahlt.
Zwillinge sträuben sich
Jetzt aber nutze Christian Haub die drohende Steuerlast, um Druck auf seine Nichte und seinen Neffen aufzubauen. Sie sollen ihre Firmenanteile verkaufen und das Unternehmen verlassen, um die Zahlung zu finanzieren. Die Zwillinge dagegen wollen offenbar bleiben und sehen ihre Zukunft als Teil von Tengelmann.
Ein Unternehmenssprecher bestätigt, dass Gespräche über die Finanzierung der Erbschaftssteuer laufen würden. Zwar gäbe es unterschiedliche Standpunkte, doch die Gespräche würden «in einer konstruktiven und lösungsorientierten Atmosphäre» geführt. Auf welche Lösung die Streitparteien sich einigen werden, bleibt abzuwarten. Doch ohne Drama wird diese kaum zustande kommen.
Radikal anders
Christian Haub drückt dem Unternehmen bereits seinen Stempel auf. Während es anfangs noch hiess, dass er nur vorübergehend übernehme, ist er inzwischen fest im Sattel. Zum Jahreswechsel hat er das Management von Tengelmann übernommen. Viele Führungspersonen aus dem Umfeld seines Bruders sind dagegen weg.
Weitgehend wird auch die Holding-Struktur von Tengelmann aufgelöst. Die Verwaltung wird schlanker, viele Stellen werden abgebaut. 2019 sei ein Transformationsjahr, hat Haub angekündigt. Vielleicht auch für die Familie.