Nouh Arhab (21) ist Paraplegiker. Und der erste Rollstuhl-Rekrut der Schweiz. Am 15. März rückte der junge Mann in die Kaserne von Payerne FR ein. Dort arbeitet er als Betriebssoldat und gehört zur Logistiktruppe. Arhab absolviert in der Kaserne Büroarbeiten für das Kommando Rekrutierung, empfängt die Leute, die in die Kaserne zur Rekrutierung kommen.
Doch bis dorthin war es ein langer, beschwerlicher Weg. Rekrut Arhab hat eine Spina bifida. Als er noch im Mutterleib war, hat sich sein Rückenmark nicht richtig entwickelt. Diese Anomalie beeinflusst auch sein Nervensystem. «Aber ich fühle mich nicht behindert», sagt der Web-Designer gemäss der Stiftung Téléthon.
18 Monate für Rekrutierung kämpfen
Trotz seiner Querschnittlähmung wollte er unbedingt in die Schweizer Armee. Der junge Mann muss rund 18 Monate dafür kämpfen, bis er zugelassen wird. 2018 erscheint er zu seiner Rekrutierung. Der Kasernenarzt winkt ab: Noch bevor er Arhab untersucht, erklärt er ihn für untauglich.
Der Waadtländer wehrt sich: «Ich sagte ihm, dass ich bereit sei, alles zu tun, um meinen Militärdienst zu leisten.» Der Arzt schickt den Jungen im Rollstuhl zum Psychologen. Dieser stellt fest, dass Arhab an keinem psychischen Problem leide. Aufgrund seines körperlichen Handicaps hält der Psychologe den jungen Mann aber dennoch nicht für diensttauglich.
Erst im vierten Anlauf akzeptiert
Der Paraplegiker ist nicht einverstanden mit diesem Entscheid. Er reicht Rekurs ein. Viermal muss er beim militärärztlichen Dienst in Ittigen BE erscheinen. Erst dann wird Arhab akzeptiert: Er darf in den Militärdienst.
Die Kaserne musste jedoch für ihn den Begebenheiten angepasst werden. Dies betrifft etwa die Dusche. Dazu mussten sein Schlafzimmer verlegt und die Mahlzeiten-Logistik organisiert werden.
Für den zuständigen Oberst Alexandre Beau kein Problem: «Für mich war es ein natürlicher Prozess», sagt der Offizier, der Arhabs Kommandant ist, gegenüber Téléthon. «Von dem Moment an, als ich gebeten wurde, Rekrut Arhab aufzunehmen, hatte ich meine eigene Vorstellung davon, wie ich ihn in die Militärverwaltung einbinden könnte.»
Schweizer Armee strebt Öffnung an
Und es funktioniere sehr gut. Armee-Sprecher Daniel Reist bestätigt Blick: «Rekrut Arhab ist der erste Angehörige der Armee im Rollstuhl. Sprich: Er ist der erste querschnittgelähmte Rekrut der Schweiz.» Das Ganze sei ein Pilotprojekt, mit dem die Schweizer Armee eine Öffnung anstrebe, fügt Reist hinzu. Zurzeit ist der Westschweizer noch Rekrut. Am 17. Juli erreicht er den Grad eines Soldaten.
«Leute im Zug denken, meine Uniform sei ein Kostüm»
In der Kaserne würden die Leute um ihn herum seine Behinderung nicht mehr wahrnehmen, sagt der 21-Jährige. «Es ist sehr angenehm.» Unangenehme Situationen gibt es manchmal, wenn Arhab mit dem Zug nach Hause fährt. «Manche Leute denken, dass meine Uniform ein Kostüm sei und machen Bemerkungen. Ich antworte nicht und zeige ihnen meinen Marschbefehl.»
Von seinem Oberst erhält er gerade für solche Affronts Rückendeckung: Diejenigen, die das Engagement «seines» Rekruten verachten würden, werden von ihm «in die Schranken» gewiesen. Oberst Beau und Rekrut Arhab verstehen sich gut. Trotz Rollstuhl verzichtet Beau aber auf eine Sonderbehandlung des jungen Mannes.
Arhab selbst hofft, sich nach seinem Dienst «voll und ganz» seiner Passion, der Fotografie, widmen zu können.
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