Seit Wochen fällt in Europa kaum noch Regen. Das hat fatale Auswirkungen auf die Umwelt: Nebst schweren Waldbränden sind auch die Gewässer völlig ausgetrocknet. Besonders schwer wiegt das bei den grossen europäischen Flüssen.
Blick erklärt die Auswirkungen der niedrigen Flussstände auf die Wirtschaft.
Rhein: Teurere Waren
Der Rhein etwa ist für den Warentransport innerhalb Europas essenziell. Zwischen Basel und dem holländischen Rotterdam werden jedes Jahr Millionen Tonnen Güter transportiert. Dafür braucht es allerdings genügend Wasser – und das ist im Moment nicht vorhanden.
An der für die Schifffahrt wichtigen Messstelle Kaub, rund 50 Kilometer von Mainz entfernt gelegen, liegt der Pegelstand des Flusses noch bei rund 32 Zentimetern. Im Mittel liegt dieser bei rund zwei Metern. Von den Schifffahrtsgesellschaften wird die Marke von 40 Zentimetern als kritisch angesehen. Sinkt der Wasserstand darunter, können gewisse Schiffe gar nicht mehr fahren.
Der Transport von Waren über den Rhein wird durch das kleinere Angebot immer teurer. Experten gehen davon aus, dass auch die Konsumenten dies in Form von höheren Preisen zu spüren bekommen.
Po: 60 Prozent Ernteausfall
Auch der Fluss Po in Italien ist besonders stark betroffen. Die Wasserstände befinden sich teils über zwei Meter unter dem Normalstand. An manchen Stellen ist der Fluss so seicht, dass man problemlos hindurchlaufen kann. Der Po-Pegel ist laut Messungen auf dem tiefsten Stand seit 70 Jahren.
Das hat drastische Folgen: In der Po-Ebene werden Korn und Risotto-Reis angebaut. Gegenüber dem «Guardian» geben die lokalen Bauern nun allerdings an, dass bis zu 60 Prozent der gesamten Ernte durch die extreme Dürre verloren gehen könnten. Dabei wäre die Ernte wichtig, sie macht rund 30 bis 40 Prozent des gesamten agrikulturellen Anbauvolumens Italiens aus.
Donau: Notbaggerungen
Die niedrigen Flussstände haben auch Auswirkungen auf die Donau. Auch sie ist für den Frachttransport entscheidend. In Bulgarien, Rumänien und Serbien haben die Behörden nun Notbaggerungen in die Wege geleitet, um die Kanäle zu vertiefen und wieder Schiffe hindurchleiten zu können. Erste Schiffe können nur noch mit geringerer Beladung fahren.
Auch der Tourismus leidet. Das Kreuzfahrtschiff Adora befand sich Ende Juli auf dem Weg über die Donau. Weil der Wasserstand aber eine Weiterfahrt verunmöglichte, war in Bukarest Schluss: Die Passagiere mussten einen Flug nehmen.
Loire: Trinkwasser-Beschränkungen
In Frankreich sind die Flüsse für die Transport-Schifffahrt nicht so wichtig. Allerdings werden sie unter anderem zur Kühlung von Atomkraftwerken genutzt – normalerweise.
Für jedes Atomkraftwerk ist normalerweise klar definiert, wie viel aufgeheiztes Kühlwasser in die Flüsse geleitet werden darf, um das Leben am und im Gewässer nicht zu gefährden. Jetzt werden aufgrund der hohen Wassertemperaturen die Regeln aufgeweicht – auch, weil die Flüsse schon sehr warm sind. Zudem müssen die AKW ihre Stromproduktion drosseln, weil es zu wenig kaltes Wasser gibt.
Die extreme Dürre sorgt zudem für Trinkwasser-Beschränkungen. In einigen Region ist das Autowaschen oder die Bewässerung von Golfplätzen verboten. Weil in rund 100 Gemeinden kein Wasser mehr vorhanden ist, wird das Wasser mit Lastwagen gebracht.
«Diese Trockenheit ist die schlimmste, die in unserem Land jemals verzeichnet wurde», sagte Frankreichs Premierministerin Élisabeth Borne (61). Die Loire etwa ist so trocken, dass man an manchen Stellen einfach hindurchlaufen kann. (zis)