Frontalangriff auf NGOs: Die FDP will die Regeln für die Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen verschärfen. Zwar ist es Organisationen, die Geld aus der Entwicklungshilfe erhalten, bereits heute verboten, diese Mittel für politische Kampagnen einzusetzen. Die Freisinnigen bezweifeln aber, dass sich die NGOs konsequent daran halten.
Die Wirtschaftspartei fordert in der Vernehmlassung zur internationalen Zusammenarbeit des Bundes (IZA) 2025–2028, dass staatlich unterstützte NGOs künftig eine getrennte Buchhaltung vorlegen müssen: Einnahmen und Ausgaben zur Finanzierung politischer Kampagnen sollen getrennt ausgewiesen werden – inklusive Personal- und Infrastrukturkosten. Die Arbeitsstunden, die ein Büroangestellter für eine Kampagne aufwendet, müssten also künftig ebenso ausgewiesen werden wie die Büroausstattung, die er dafür benötigt.
Die entsprechende Passage der Vernehmlassungsantwort liegt SonntagsBlick vor. Sie stammt von freisinnigen Aussenpolitikern im Bundeshaus. Die Parteispitze hat sie noch nicht abgesegnet. Nationalrat Hans-Peter Portmann (60) rechnet aber damit, dass sein Anliegen vom FDP-Vorstand – und auch vom Parlament – unterstützt wird.
Dass die FDP ausgerechnet jetzt die NGOs wieder ins Visier nimmt, hängt mit dem Campax-Skandal zusammen. Die Kampagnenorganisation Campax hatte die Freisinnigen im August mit einem «Fuck Nazis»-Kleber zur Weissglut getrieben. Auf dem Aufkleber für Briefkästen war ein Schäfchen im «FCK NZS»-Shirt zu sehen, das die Logos von SVP und FDP aus dem Land kickt. «Verachtenswerte Polit-Propaganda», schrieb FDP-Präsident Thierry Burkart auf X, vormals Twitter.
Geld für Ukraine-Aktion
Campax bezieht grundsätzlich keine staatlichen Mittel. 2022 erhielt die Organisation vom Staatssekretariat für Migration (SEM) aber 725 000 Franken für eine Ukraine-Aktion. Im Zuge der Kleber-Debatte geriet die Zahlung schnell ins Visier rechter Parteien. Portmann kritisierte, die Rechnung der Organisation sei völlig intransparent, SVP-Nationalrat Erich Hess (42) reichte bei der Geschäftsprüfungskommission (GPK) einen Fragenkatalog zur Verwendung der öffentlichen Mittel bei Campax ein.
Portmann bestreitet nicht, dass der Campax-Skandal Auslöser für den Angriff auf die NGOs in der IZA-Strategie war. Die Nichtregierungsorganisationen sind dem rechtsbürgerlichen Lager aber schon länger ein Dorn im Auge. Insbesondere das Engagement verschiedener NGOs gegen das neue Jagdgesetz und vor allem für die Konzernverantwortungs-Initiative (Kovi) sorgte bis in die politische Mitte für Empörung. Der Druck auf die Hilfswerke hat in den letzten Jahren entsprechend zugenommen.
SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (44) forderte nach der Kovi-Abstimmung ein generelles Politikverbot für staatlich unterstützte NGOs. Im Parlament wurden zahlreiche Vorstösse eingereicht. Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (59) verlangte mit einem Postulat vom Bundesrat einen Bericht über alle Aktivitäten von Organisationen, die mit Bundesgeldern finanziert werden. Der Bericht dürfte in den nächsten Tagen vorliegen.
Auch FDP-Aussenminister Ignazio Cassis (62) wurde aktiv: Seit 2021 ist es NGOs nicht nur untersagt, für die Entwicklungsarbeit im Ausland vorgesehene Mittel für politische Kampagnen zu verwenden, sondern auch für Informations- und Bildungsarbeit im Inland. Jetzt will Cassis’ Parteikollege Portmann die Schraube weiter anziehen.