Auf einen Blick
Der aussergewöhnliche Fall hat vor gut fünf Jahren schweizweit für Schlagzeilen gesorgt. Damals wurde bekannt, dass die Bündner Kantonspolizei gegen den Förster der Gemeinde S-chanf im Oberengadin ermittelt, weil dieser mutmasslich illegal mit Holz gehandelt hatte.
Die Gemeinde stellte den Förster frei und informierte darüber, dass die mutmasslich verbotenen Geschäfte in den Jahren 2015 und 2016 abgewickelt worden waren. Der Gemeindeangestellte soll qualitativ hochwertiges Holz abgezweigt haben, um es nach Italien zu verkaufen. Kunden der Gemeinde seien dagegen zu überrissenen Preisen mit schlechter Ware bedient worden.
Vorwurf der Veruntreuung
Nach Abschluss der Strafuntersuchung kommt die Staatsanwaltschaft Graubünden jetzt zum Schluss, dass der ehemalige Gemeindeförster gegen das Gesetz verstossen hat. Ende Januar habe die Staatsanwaltschaft beim Regionalgericht Maloja in St. Moritz GR Anklage wegen Veruntreuung gegen den Beschuldigten erhoben, sagt Sprecher Bruno Ulmi Stuppani. «Wir gehen von einem Gesamtschaden von 250'000 Franken aus.» Dieser Betrag könnte sich noch erhöhen, stehen doch zusätzlich Schadensforderungen von privater Klägerschaft im Raum.
Für den Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung, er bestritt stets, sich mit illegalen Holzverkäufen bereichert zu haben. Wäre dies der Fall gewesen, hätte das im Betrieb und der Gemeinde ja längst auffallen müssen.
In der Zeit, als der Förster die eigenen Geschäfte abgewickelt haben soll, war Duri Campell (61) Präsident der 700-Einwohner-Gemeinde S-chanf. Für die BDP sass Campell von Ende 2015 bis 2019 auch im Nationalrat. Als die mutmasslichen Machenschaften des Försters vor gut fünf Jahren aufflogen, betonte Campell, er habe von den illegalen Holzverkäufen nichts bemerkt und die Forstrechnungen seien stets positiv ausgefallen.
«Mängel in grossem Umfang»
Nach Bekanntwerden des Falls liess die Gemeinde die zurückliegenden Vorgänge extern untersuchen. In ihrem Bericht befanden die Prüfer, es habe «Mängel in grossem Umfang» gegeben, zentrale Prozesse hätten gefehlt und sie hätten Manipulation von Kasse und Bargeld festgestellt.
Aufwendige Strafuntersuchung
Die damals neu gewählte Gemeinde-Exekutive zeigte sich über diese Erkenntnisse «schockiert» und beteuerte, Polizei und Staatsanwaltschaft bei den Ermittlungen vollumfänglich unterstützen zu wollen.
Nach Abschluss der mehrjährigen Strafuntersuchung und der nun erfolgten Anklage wird das Regionalgericht Maloja darüber befinden, ob der frühere Gemeindeförster der qualifizierten Veruntreuung schuldig ist, er also auf eigene Rechnung mit Holz handelte, das ihm nicht gehörte.
Das Grundstück des Beschuldigten wurde auf Anweisung der Staatsanwaltschaft vom regionalen Grundbuchamt vorsorglich mit einer Sperre belegt, wie Stefan Schmid, Sprecher der Bündner Gerichte, bestätigt.