Ticken die Walliser anders? Kaum ein anderer Kanton pflegt ihr Image, anders zu sein als der Rest der Schweiz, mit so viel Herzblut wie das Wallis. Der Widerstand der Zermatter Walliserkanne-Wirte gegen Covid-Auflagen machte in diesen Tagen Schlagzeilen. Doch auch im eigenen Kanton formiert sich Widerstand gegen die Hitzköpfe. Die wohl zwei führenden Walliser Politiker liefern sich einen offenen Schlababtausch.
Der Walliser SVP-Politiker Oskar Freysinger (61) provoziert in der einzigen deutschsprachigen Walliser Tageszeitung mit einem Nazi-Vergleich. Im Covid-19-Gesetz, über das am 28. November abgestimmt wird, sieht er die gleichen Gefahren wie in Adolf Hitlers (1889-1945) Ermächtigungsgesetz.
Die Schweiz stehe an einem Scheidepunkt, so Freysinger: Entweder das Volk stimme dem Impfzwang und der systematischen Kontrolle zu und stelle der Regierung durch eine Art Ermächtigungsgesetz einen Blankoscheck aus. Und dann die Provokation: «Das deutsche Parlament», schreibt Freysinger, «hat anno 1933 die falsche Entscheidung getroffen und einer massiven Einschränkung der Grundrechte zugestimmt.» Mit dem Gesetz sicherte sich Hitler die Alleinmacht.
Walliser Bodenmann kontert
Mit einer Gegenkolumne im «Walliser Boten» kontert das Walliser Urgestein Peter Bodenmann (69), langjähriger Präsident der SP Schweiz. «Am Mittwoch trotteten acht versprengte Innerschweizer Totenhemmli-Trychler um das Briger Untersuchungsgefängnis», wo die Walliserkanne-Wirte zeitweilig in Haft waren. «Nicht einmal Oskar Freysinger tauchte auf, um seine absurden Verschwörungstheorien zu verbreiten.»
Bisher hätten in der Schweiz «alle von links bis rechts Volksentscheide akzeptiert», schreibt Bodenmann. «Wird dies diesmal anders sein?» Der Rat des SP-Politikers an den SVP-Politiker: «Und aus Fehlern kann man lernen. Ist noch nicht verboten.»
Gemeinsam, so Bodenmann, gehörten so «hocherregte» Leute wie die Walliserkanne-Familie beruhigt. Diese sei eine Heldenfamilie, kontert Freysinger: «Ein zeitgenössischer Winkelried hat in Zermatt der Freiheit eine Gasse geöffnet.» Und er fragt, mit Blick auf den 28. November: «Werden die Eidgenossen in die Bresche springen?» (kes)