Diese Symphoniker spielen gemeinsam für die Hoffnung
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Vereint durch die Musik:Diese Symphoniker spielen gemeinsam für die Hoffnung

Ukrainische Geigerin und russischer Harfenspieler treten in Zürich auf
Ihre Länder bekriegen sich, sie teilen die Bühne

Alexander Boldachev (32) und Valeriya Kurylchuk (22) spielen in der Tonhalle an einem Charity-Konzert für ukrainische Flüchtlinge. Ein Konzert, das viel Mut braucht.
Publiziert: 02.09.2022 um 00:28 Uhr
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Geigerin Valeriya Kurylchuk spielt gemeinsam mit Harfenist Alexander Boldachev in der Tonhalle Zürich.
Foto: Zamir Loshi
Benno Tuchschmid

Sie schauen sich kurz an und lächeln. Dann versinken sie wieder in der Melodie. Ein Harfenspieler und eine Geigerin üben gemeinsam in einem Saal der Zürcher Hochschule der Künste. Eigentlich eine alltägliche Szene.

Doch Alexander Boldachev (32) ist Russe. Und Valeriya Kurylchuk (22) ist Ukrainerin. Und deshalb ist diese Probe ein kleines Wunder.

Am Freitag werden die beiden Musiker in der Tonhalle Zürich auf der Bühne stehen, beim Charity-Konzert «Für Harmonie». Initiant ist Boldachev, Harfenspieler von Weltruhm, der vor 17 Jahren in der Schweiz seine Ausbildung begann und heute Doppelbürger ist. Das Konzert ist sein Weg des Protests: «Als Russe habe ich es mit zugelassen, dass es zu dieser Katastrophe gekommen ist. Ich trage eine Verantwortung – und diese Konzerte sind mein Weg, wie ich sie wahrnehme.»

Bis zum Kriegsausbruch wohnte Boldachev in Moskau. Er spielte am legendären Bolschoi-Theater und trat 2018 bei der Eröffnung der Fussball-WM in Moskau auf. Doch als die russischen Panzer am 24. Februar in die Ukraine rollten, postete er in den sozialen Medien einen Aufruf zum Frieden – und wusste, dass er sich damit zur unerwünschten Person macht. Kurz darauf flüchtete er mit seiner Frau aus Russland. Ein Zurück gibt es für ihn nicht. «Einreisen könnte ich schon. Aber ich wüsste nicht, was dann passieren würde. Und ich möchte es nicht herausfinden», sagt Boldachev.

«Ich musste das tun, für meinen Seelenfrieden»

Nach seiner Flucht in die Schweiz gründete er Lyudý. Mehr als 50 Kinder aus der Ukraine erhalten durch den Verein eine musikalische Ausbildung. Er gründete auch das Swiss Asylum Orchestra, in dem Flüchtlinge aus verschiedenen Ländern gemeinsam mit Schweizer Musikern spielen. «Ich musste das tun, für meinen Seelenfrieden», sagt er.

Valerija Kurylchuk steht im Gegensatz zu Boldachev noch am Anfang ihrer Karriere. Auch sie ist vor sechs Jahren für ihre musikalische Ausbildung in die Schweiz gekommen. Sie gilt als riesiges Talent. Seit dem Ausbruch des Krieges ist ihre halbe Familie in die Schweiz nachgezogen: Mutter, Grossmutter, Cousine. Der Vater und ihre männlichen Freunde sind in der Ukraine geblieben. Sie sagt: «Ich habe Angst, dass sie bald eingezogen werden.»

Nun spielt sie gemeinsam mit Boldachev und anderen Musikern unter anderem im Swiss Asylum Orchestra.

Boldachev sagt aber auch, es gebe Ukrainer, die nicht mit einem Russen auf der Bühne stehen wollen. «Das muss ich akzeptieren, es herrscht Krieg.» Er sei nicht blauäugig, die gemeinsamen Konzerte könnten nicht viel bewirken ausser «etwas Hoffnung», sagt Boldachev. Und dann spielen die beiden ein Stück des ukrainischen Komponisten Myroslaw Skoryk (1938–2020). Und für kurze Zeit herrscht Friede.

«Für Harmonie – Charity Concert», u. a. mit Thomas Grossenbacher, Violoncello; Alexander Boldachev, Harfe; und dem Swiss Asylum Orchestra. Freitag, 2. September, 20 Uhr, Tonhalle Zürich, Kleiner Saal. Weitere Konzerte findest du unter harpfestzuri.com

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