Auf einen Blick
Kaum im Amt macht der frisch vereidigte US-Präsident Donald Trump (78) Ernst: Er unterzeichnete eine Reihe von Dekreten, darunter eines, das weitreichende Folgen für die internationale Entwicklungszusammenarbeit haben dürfte. Der US-Präsident ordnete eine 90-tägige Pause für die Ausgabe von Entwicklungshilfe an. Er will Projekte auf Effizienz und ihre Vereinbarkeit mit seiner aussenpolitischen Agenda überprüfen. Am Freitag beschloss das US-Aussenministerium dann gar einen sofortigen Stopp für neue Ausgaben für Auslandshilfe sowie einen Arbeitsstopp für fast alle Projekte. Offen blieb, ob auch bereits bewilligte Gelder vom Moratorium betroffen sind.
Trumps Entscheid dürfte auch Auswirkungen auf die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit haben. Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) und die US-Behörde für internationale Entwicklung (USAID) arbeiten derzeit bei drei Projekten zusammen: in Mali, Kosovo und Serbien. Bei letzten beiden sind die USA im Lead und steuern insgesamt 16 Millionen US-Dollar bei – doppelt so viel wie die Schweiz. Auch das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) kooperiert mit den USA bei Projekten im Bereich Wirtschaftsgouvernanz.
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hält sich mit Einschätzungen noch zurück. Auf Anfrage heisst es, dass es zum aktuellen Zeitpunkt verfrüht sei, Schlussfolgerungen aus Trumps Dekreten zu ziehen.
«Das ist fatal»
Schweizer Hilfsorganisationen dagegen befürchten das Schlimmste: «Wenn sich die USA aus der multilateralen und bilateralen Zusammenarbeit zurückziehen, dann ist das fatal», warnt der Dachverband Alliance Sud. «Die multiplen Krisen zeigen, dass es mehr humanitäre Hilfe, mehr Engagement gegen den Klimawandel und mehr Mittel für den Kampf gegen Hunger und Armut braucht.»
Auch Fastenaktion-Geschäftsleiter Bernd Nilles sieht schwerwiegende Folgen: «Indirekt wird auch die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit betroffen sein. In Programmländern von Fastenaktion wie Kenia oder Guatemala, die unter anderen ebenfalls Schwerpunktländer von USAID sind, werden Gelder fehlen.» Dies würde bedeuten, dass entweder Entwicklungsprojekte eingestellt oder eine andere Finanzierung gefunden werden müsste.
Schweizer Hilfsorganisationen wie das Heks, Helvetas oder Solidar Suisse arbeiten bei einer Reihe von Hilfsprojekten mit den USA zusammen. Solidar Suisse etwa führt derzeit drei vollständig von USAID finanzierte Projekte in Ländern wie Malaysia, Nepal, Thailand und Kambodscha durch. Die Hilfsorganisation hofft, dass bestehende Verträge von den USA eingehalten werden: «Sollten sie sich aber bewusst für einen Vertragsbruch entscheiden und aus laufenden Programmen aussteigen, hat dies massive Konsequenzen auf das Leben von Millionen von Menschen in den zahlreichen Projektregionen von USAID-unterstützten Schweizer NGOs weltweit». Die tatsächliche Auswirkung könne jedoch erst abgeschätzt werden, wenn die USA kommunizieren würden, wie sie mit der internationalen Zusammenarbeit weitermachen werden.
Während Helvetas darauf hinweist, dass die langfristige Ausrichtung der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit eine gewisse Stabilität bietet, bleibt unklar, wie sich ein Rückzug der USA langfristig auswirken würde. Immerhin sind die USA – zusammen mit der EU – einer der wichtigsten Geldgeber in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. In absoluten Zahlen sind sie mit rund 65 Milliarden US-Dollar jährlich sogar das grösste Geberland.
Entscheid mit geopolitischen Folgen
Sollte diese Unterstützung dauerhaft ausfallen, könnte dies geopolitische Folgen haben. Helvetas und Solidar Suisse befürchten, dass Länder wie China, Russland oder Saudi-Arabien die entstehende Lücke füllen könnten. Akteure, deren Fokus weniger auf globalen Gemeinschaftsgütern wie Umwelt- und Klimaschutz liegt. Dies könnte zu mehr Protektionismus, verstärktem Wettbewerb und Aufrüstung führen. «Als Folge steigt die Ungleichheit, und die Armut der Benachteiligten verschärft sich», warnt Solidar Suisse.
Hinzu kommt, dass die Schweiz und europäische Länder ihre Budgets für Entwicklungszusammenarbeit gekürzt haben. Dies sei angesichts dieser Risiken umso bedauernswerter, heisst es vonseiten Helvetas.