Von den Fidschi-Inseln bis zu den Vereinigten Staaten stehen die Regierungen vor dem gleichen Problem: Wie bringt man widerspenstige Bürgerinnen und Bürger dazu, sich impfen zu lassen? Für den Sieg über die Pandemie müsste der Anteil der Geimpften in der Bevölkerung steigen. Aber wie bloss? Die ganze Hilf- und Ratlosigkeit der Behörden verdichtet sich – in einem Himbeerkuchen.
Am Montag brachten Beamte des BAG gemeinsam mit dem Berner Regierungsrat Pierre Alain Schnegg vor dem Bundeshaus die süssen Stücke unters Volk. Um wie viel steigt die Schweizer Impfquote, wenn Schnegg Torte verteilt? Die Antwort dürfte leider klar sein. Es war vielleicht der bitterste Himbeerkuchen in der Geschichte der Konditorenkunst.
Dabei ist der Hintergrund eher bitter. Eine repräsentative SRF-Umfrage vom Freitag bestätigt, was die meisten in ihrem Umfeld bereits erfahren haben: Der Umgang mit Corona, und vor allem mit dem Thema Impfen, treibt einen Keil in Familien und Freundeskreise. Der viel beschworene Impfgraben ist bereits Realität. Kein Wunder, hatten die «Freunde der Verfassung» in Rekordzeit 180'000 Unterschriften gegen das Covid-Gesetz beisammen.
Ein Patentrezept gegen die neue soziale Kluft fehlt. Härte statt Kuchen? Druck statt Anreiz?
Der Vorschlag des Solothurner Stadtpräsidenten Kurt Fluri, dass Ungeimpfte ihre Covid-Behandlungskosten selber zahlen sollen, mag schlüssig sein – ist aber unausgegoren. Wo setzt man die Grenzen des Verursacherprinzips? Muss ein Diabetiker, der sich eine Cremeschnitte zu viel gegönnt hat, seine Herzinfarkt-Behandlung selber zahlen? Soll der Mountainbiker, der übermüdet aufs Rad gestiegen ist und einen Beinbruch erleidet, für die OP aufkommen? Die Kettenraucherin für ihre Krebstherapie? Fluris Weg würde in finanzielle Nöte und weitere Spaltung führen.
Vielleicht hilft zur Kittung der Gesellschaft eine kleine Zutat: Das Ende der Häme gegenüber Andersdenkenden – auch wenn diese falsch liegen oder gar nicht erst denken sollten. Wörter wie Covidiot oder Coronazi mögen unter Gleichgesinnten auf Anklang stossen, sind aber zutiefst undemokratisch: Wer so redet, erhebt sich über andere. Die Sprache ist ein mächtiges Instrument, um Mitmenschen herabzusetzen.
Vielleicht sollten Behörden und Medien auch nicht länger die Neuansteckungen zuoberst vermelden, sondern die Hospitalisationsrate. Die liegt nämlich trotz hoher Inzidenz immer noch erfreulich tief – dank denen, die sich impfen liessen.
Eine solche Information schmeckt besser als jeder Himbeerkuchen.