Tamy Glauser (36), Model: «Die Frage lautete: Was sind Männer und Frauen heute? Ursprünglich waren das zwei Fragen. Die eine, was sind Männer, die andere, was sind Frauen heutzutage. Ich will diese Frage als Mensch, der sich als non-binär definiert, nicht getrennt beantworten.
Einerseits muss man zwischen Biologie und Sozialem unterscheiden. Viele würden wahrscheinlich sagen, die Biologie ist eindeutig. Ist sie nicht. Da gäbe es zum Beispiel intersexuelle Menschen. Rund 40 Kinder pro Jahr in der Schweiz, die mit beiden Geschlechtsmerkmalen zur Welt kommen.
Auch da, wo das Geschlecht biologisch eindeutig zugewiesen werden kann, bestehen weiter Unterschiede. Eine Frau mit hohem Testosteron-Gehalt könnte äusserlich männlicher wirken als ein Mann mit viel Östrogen.
Was in der Biologie schon eine gewisse Komplexität aufzeigt, wird vielseitiger in der Gesellschaft. Mann und Frau, weiblich und männlich sind soziale Konstrukte. Heisst, wir lernen von klein auf, was das eine oder andere ist. Desto eher wir dem bewusst werden, desto besser können wir uns von dem lösen. Eine Frau kann heute genauso gut in der Kronenhalle eine Zigarre rauchen, wie ein Mann sich eine Maniküre gönnen soll. Es nimmt in beiden Fällen die Weiblich- oder Männlichkeit nicht weg. Im Gegenteil, wer sich sein kann, wirkt attraktiver, weil er sein und sie ihr wirkliches Wesen nicht mehr durch ‹Unsinn› unterdrücken.»
Hausi Leutenegger (81), Unternehmer: «Ein Mann muss ein Mann sein. Er macht das Militär, weiss, wie er sich anzuziehen hat, besitzt Anstand und Klasse. Männer sind körperlich stärker als Frauen, auch psychisch halten sie mehr aus als das weibliche Geschlecht, das weniger Verantwortung trägt. Ein Mann muss wissen, wer er ist. Einer, der zehn Fingerringe trägt und sich die Augenbrauen zupft, ist für mich kein Mann. Sie bringt dagegen die Kinder zur Welt. Eine Frau ist für mich etwas Vornehmes, mit ihr muss ein Mann sehr sorgsam umgehen, weil sie viel schwächer und empfindlicher als ein Mann ist, was nicht ausschliesst, dass sie genauso intelligent sein kann. Kochen ist für mich auch ganz klar Frauensache. Wenn eine Frau nicht kochen kann, stimmt etwas nicht mit ihr.»
Manfred Schneeberger (65), Vorstandsmitglied manne.ch und Leiter Männer- und Väterhaus ZwüscheHalt Luzern: «Das ist eine gute Frage! Viele Männer fühlen sich heute verunsichert, was das Mannsein anbelangt. Der Mann geht arbeiten, die Frau kümmert sich um Heim und Herd – so war das früher. Heute sind die Geschlechterrollen durcheinandergeraten. Es war noch nie so schwer für Männer die eigene Rolle zu finden wie heute. Mann sein bedeutet heute, authentisch zu sein, zu reflektieren, sich seine eigenen Schwächen einzugestehen, sich nicht für ‹typisch männliche› Eigenschaften zu schämen, aber auch die feminine Seite zu akzeptieren, also sensibel und emotional zu sein. Offen zu sein für Rollen- und Arbeitsteilung. Wir müssen aufhören zu versuchen, Frauen durch unseren ‹gesellschaftlichen Wert› anzuziehen. Wir Männer setzen uns ein für eine Gesellschaftsstruktur, in der Männer und Frauen sich gleichberechtigt und partnerschaftlich begegnen.»
Dominique Rinderknecht (32), Ex-Miss-Schweiz, Moderatorin: «Ein Mann oder eine Frau ist eine Person, die sich als das jeweilige identifiziert oder bezeichnen lassen will. Dies unabhängig von körperlich Angeborenem. Ich zum Beispiel bin eine Frau. Aber es gibt auch Personen, die bei der Geburt falsch eingeteilt wurden, andere, die sich als gar keines von beidem identifizieren können, und solche, die mehreres sind.»
Maya Onken (52), Autorin, Dozentin für Kommunikation, Psychologie und Methodik: «Frauen haben nach wie vor die 3 Ks (Kinder, Küche, Kirche) am Hals, wobei das dritte K soziale Fürsorge meint. Daneben sollen sie sein: beruflich erfolgreich, äusserlich attraktiv, innerlich reflektiv und im Bett eine Wucht. Männer sollen noch immer Beute und Ansehen erjagen. Auch das Vermehren der Sippschaft und den Schutz vor Feinden steht unverändert auf der Job Description. Neu sind feinmaschige Aufgaben wie mit Baby im Tragtuch einkaufen gehen, über Gefühle sprechen, das Hemd selbst bügeln und sich in einem Selbstfindungskurs verzeihen. Beide strampeln sich mit alten und neuen Anforderungen ab. Alles unter einen Hut zu bringen, ist eine Überforderung! Was heute jedoch wunderbar geht: sich sein eigenes Profil zusammenzustellen und dafür einzustehen.»